Von Bomben zerstörte Häuser in Wuppertal (Aufnahme von 1943)

Stichtag

14. Februar 1942 - Briten befehlen Bombardierung deutscher Städte

"Nun haben wir schon ein Jahr Krieg. Unsere Wehrmacht hat zu Lande, zu Wasser und in der Luft große Erfolge verzeichnet." So lautet 1940 der Diktat-Text in einem deutschen Schulheft. "Wir fliegen gegen England und mit uns fliegt der Tod. England bekommt, was es verdient. Der Sieg wird unser sein." Polen überrollt, Luxemburg, Holland, Belgien und Frankreich im Blitzkrieg genommen - aus deutscher Sicht scheint die Lage bestens.

Im November 1940 bombardiert Görings Luftwaffe die englische Industriestadt Coventry. Die gesamte Innenstadt wird zerstört. Von da an bedeutet "coventrieren" im deutschen Propaganda-Jargon das Einäschern gegnerischer Städte.

"Moral der Zivilbevölkerung zerstören"

Nach der Erfahrung von Coventry ändern die Briten das Kriegsziel ihrer Luftwaffe. Statt wie bisher vor allem kriegswichtige Einrichtungen zu bombardieren, sollen nun auch deutsche Innenstädte getroffen werden. Am 14. Februar 1942 ergeht an die Royal Air Force die "Area Bombing Directive", die Anweisung zum Flächenbombardement. Sir Charles Portal, der britische Luftwaffen-Stabschef präzisiert: "Es ist klar, dass die Zielpunkte Siedlungsgebiete sein sollen und beispielsweise nicht Werften oder Luftfahrtindustrien. Das muss ganz deutlich gemacht werden."

Die Taktik heißt "Moral Bombing". Premierminister Winston Churchill hofft, damit "die Moral der deutschen Zivilbevölkerung insgesamt zu zerstören und die der Industriearbeiter im Besonderen." Mit der Ausführung wird der Chef der Bomber-Flotte, Arthur Harris, betraut. Er studiert den deutschen Luftangriff auf Coventry und stellt fest: Zuerst haben Sprengbomben Dächer abgedeckt und Wasserleitungen zerstört. Der so produzierte Schutt verstopfte die Straßen und hinderte die Feuerwehr am Durchkommen. Anschließend entzündeten Brandbomben den Trümmerhaufen.

"Christbäume setzen"

Der erste britische Bombenangriff nach dieser Methode trifft im März 1942 Lübeck. Rund 62 Prozent aller Gebäude im Zielgebiet werden zerstört oder beschädigt. Die Heimatstadt von Thomas Mann liegt in Trümmern. Der Schriftsteller meldet sich per "Feindsender" aus dem Exil: "Ich denke an Coventry und habe nichts einzuwenden gegen die Lehre, dass alles bezahlt werden muss." Nun folgt Angriff auf Angriff. Im Juni 1942 wird der erste 1.000-Bomber-Angriff gegen Köln geflogen. Solche Angriffe folgen auf Essen, Bremen, München, Krefeld, Hannover, Stuttgart - und immer wieder Orte im Ruhrgebiet.

Bevor die Brandbomben abgeworfen werden, markieren so genannte Pfadfinder-Schwadronen mit farbigen Leuchtbomben die brandempfindlichen Zonen. "Christbäume setzen", nennen die Deutschen dieses Vorgehen. Insgesamt fallen auf die deutschen Städten 1,3 Millionen Tonnen Bomben, davon fast ein Drittel in den letzten Kriegsmonaten. Etwa eine halbe Million Menschen kommen dadurch ums Leben. Ob es sich bei den alliierten Angriffen um sinnlosen Bombenterror oder militärisch notwendige Schläge gegen Nazi-Deutschland gehandelt hat, ist bis heute umstritten.

Stand: 14.02.2007