Stichtag

05. Oktober1992: HipHop-Single "Die da" erobert die Charts

Fantastisch nennen sich die vier reimenden Schwaben. HipHop-Kollege Moses P. vom konkurrierenden Rödelheim Hartreim Projekt hält sie eher für "spastisch. Aber drastisch". Mit ihrem 1992 veröffentlichten Album "4 gewinnt" spalten die Fantastischen Vier die deutsche Rap-Szene. Je höher die CD-Verkaufszahlen steigen, desto lauter höhnen HipHop-Puristen. Der Pop-Sprechgesang der Stuttgarter klingt den an US-Vorbildern orientierten Hardcore-Rappern  mehr nach aufgeblasenem Kindergarten-Rap - inspiriert von Grönemeyer, Nena und der Sendung mit der Maus. Als erste deutsche HipHop-Band sind Mikrofonprofessor Smudo, Hausmeister Thomas D., And. Ypsilon und Dee Jot Hausmarke aus dem "politisch korrekten" Getto-Milieu ausgebrochen.

Statt der bislang angesagten, finster-aggressiven Gangsta-Lyrik reimen sie Bravo-kompatible Spaßverse und katapultieren sich damit auf einen Schlag in die Star-Laufbahn. Vor allem der Song, in dem Smudo und Thomas D. entdecken, dass sie sich in dieselbe Frau verliebt haben, entwickelt sich in kürzester Zeit zur Hit-Rakete. "Die da", die Geschichte von der Frau, die freitags nie da ist, entert am 6. Oktober 1992 die deutschen Charts, dudelt auf jedem Sender und bringt der Gruppe am Ende Platin und 800.000 verkaufte CDs ein.

Nach "Die da" spielen die Fantastischen Vier kommerziell in einer Liga mit Westernhagen und Pur. Eben noch in kleinen Clubs unterwegs, düsen die neuen "Helden der Lyrik" (der "Spiegel") nun im Privatjet vom Interview bei MTV zur Schlagersendung von Dieter Thomas Heck. Doch der Erfolg hat eine Schattenseite: Das lustige "Die da"-Image klebt wie Kaugummi an der Band. "Manchmal wache ich schweißgebadet auf und habe die Vision, im Alter auf 'Die da' angesprochen zu werden", klagt Sänger Smudo alias Michael Schmidt. Das 1993 veröffentlichte Album "Die vierte Dimension" leitet deshalb eine Kurskorrektur ein. Mit sperrigen, harten Texten verlassen die Fantastischen Vier die Gute-Laune-Themen und entwickeln einen Stil, der keine importierten Vorbilder abkupfert, sondern die eigene Realität widerspiegelt. Das verstört zwar die Teenie-Anhängerschaft, verschafft den Fantas aber eine Reputation, die sie bis heute regelmäßig mit neuen Hits untermauern.

Stand: 05.10.07