Stichtag

20. März 2006 - Vor 50 Jahren: Tunesien wird unabhängig

75 Jahre nach der Besetzung Tunesiens durch Frankreich wird das bisherige Protektorat aufgelöst. Am 20. März 1956 erklären die beiden Länder in Paris die Unabhängigkeit Tunesiens. Erster Regierungschef des Landes wird Habib Bourguiba. Der Rechtsanwalt, der an der Sorbonne studiert hat, ist ein führender Kopf der tunesischen Unabhängigkeitsbewegung. Er saß immer wieder in französischer Haft. Gut ein Jahr nach der Unabhängigkeit stürzt Bourguiba den letzten Herrscher aus der Dynastie der Husainiden, König Lamine Bey, von seinem Thron. "An die Stelle der Monarchie tritt nun die Republik", erklärt Bourguiba im Juli 1957.Doch zwei Jahre später setzt er eine Verfassung in Kraft, die es ihm erlaubt, mit autoritären Methoden zu regieren. Sozialismus, Planwirtschaft und Säkularisierung sollen den Aufschwung bringen. Im Gegensatz zu den nordafrikanischen Nachbarländern Algerien und Libyen schottet sich Tunesien aber nicht ab. Ab den 60er Jahren setzt Bourguiba auf den Tourismus. Obwohl Unruhen und wirtschaftliche Probleme das Land erschüttern, zweifelt er nicht an seiner Politik. 1975 lässt sich Bourguiba zum Präsidenten auf Lebenszeit machen. In den 80er Jahren leidet Bourguiba zunehmend an Altersschwäche. Über Jahre führt angeblich seine Ehefrau Wassila die Amtsgeschäfte.

Im November 1987 setzt Zine el-Abidin Ben Ali, einst Sicherheitschef und Innenminister, den mittlerweile 84-jährigen Staatspräsidenten ab. Dem neuen Premierminister wird vorgeworfen, diese so genannte Jasmin-Revolution sei nichts anderes als ein Putsch. Ben Ali beruft sich auf die Verfassung: "Wird das Präsidentenamt durch Unfähigkeit des Amtsinhabers vakant, so wird der Premierminister Präsident." Nach einem kurzen demokratischen Frühling kehrt Staatschef Ben Ali bald zu den Methoden seines Vorgängers zurück. Morddrohungen, Überfälle, Verhaftungen und Folter gegen Islamisten und linke Oppositionelle sind an der Tagesordnung. 2002 lässt Ben Ali die Verfassung ändern, um zeitlich unbegrenzt regieren zu können. Während das Geschäft mit ausländischen Touristen floriert, sind Presse- und Meinungsfreiheit in Tunesien weiterhin massiv eingeschränkt: Kurz vor Beginn des UNO-Weltinformationsgipfels 2005 in Tunis ist ein Anwalt zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er in einem Internet-Artikel die Haftbedingungen in den tunesischen Gefängnissen mit denen im US-Gefängnis Abu Ghraib in Irak verglichen hat.

Stand: 20.03.06