Stichtag

09. Februar 2006 - Vor 80 Jahren: Erik Rotheim erfindet die Spraydose

Früher wurden Insekten mit Flitspritzen erlegt: einer Art Luftpumpe, die Ameisen und Blattläuse mit feuchtem Gift in dicken Tropfen fast erschlug. Modebewusste Damen fixierten ihre Frisur mit dem verdünnten Sekret der Schellacklaus aus Gummiballzerstäubern, wobei die Haare im Strahl der klebrigen Masse strähnig wurde. Graffiti in seiner modernen Form war noch nicht erfunden. Wie auch: Denn die Jugend hätte den Lack mit dicken Pinseln auf Häuserwände auftragen müssen.Heute gibt es Spraydosen, die Partikel der unterschiedlichsten Art in feinster Zerstäubung auf Haaren, unter Achselhöhlen und auf Hauserwänden platzieren. Erfunden hat sie der Norweger Erik Rotheim. Bei der Beschäftigung mit Wolken und Nebeln kommt Rotheim auf die Idee, Wirkstoffe in verflüssigtem Gas aufzulösen und sie in einem Metallbehälter unter hohem Druck aufzubewahren, so dass sie als feiner Nebel aus einer kleinen Öffnung ausdringen können. Am 9. Februar 1926 konstruiert Rotheim seine erste, nachfüllbare "Büchse zum Selber-Sprühen", zunächst für Lack. Im Juni desselben Jahres lässt er seine Erfindung patentieren. Aber die Selbstsprühbüchse hat mehrere Nachteile. Der Metallbehälter ist viel zu dickwandig und teuer in der Produktion. Ist das Ventil erst einmal geöffnet, dringt der gesamte Doseninhalt ins Freie. Erst das US-Militär bringt die Lösung. Denn während des Pazifikkriegs 1942 sind neben den Japanern die Mücken der größte Feind Amerikas. Die faustgroße "Insecticide Bomb" mit Sprühkopf der Wissenschaftler Lyle Goodhue und William Sullivan rückt ihm zu Leibe. Bis Kriegsende kommen 50 Millionen dieser Insektenbomben zum Einsatz. Es ist der Beginn einer langen Erfolgsgeschichte. Heute werden allein in Deutschland rund eine Milliarde Spraydosen pro Jahr verkauft.

Aber auch die neuen Spraydosen bringen Probleme. Je nachdem, welches Treibgas man verwendet, machen sie den Sonnenschutzmantel unserer Atmosphäre löchrig. Im Juni 1974 alarmierten amerikanische Chemiker die Fachwelt mit dieser Hypothese, 1985 wird die Vergrößerung des Ozonlochs einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In der Folge verringert die Industrie die Verwendung des verantwortlichen Treibmittels FCKW auf ein Mindestmaß. Inzwischen werden Alternativen verwendet, darunter neben Propan und Butan auch Dimethylethe: jener Stoff, den bereits Erfinder Rotheim für seine evolutionäre Dose verwendet hatte.

Stand: 09.02.06