Michael Gorbatschow holt den Hünen mit dem schlohweißen Haar in den 80er Jahren nach Moskau. Als Parteichef in der Hauptstadt soll Boris Jelzin die Perestoika, die Reformpolitik unterstützen. Aber Jelzin ist kein Parteisoldat, hält wenig von der Reform von oben, sucht und findet die Verbindung zum Volk. Zu unabhängig, zu beliebt - 1987 wird Jelzin seines Postens enthoben und aus dem Politbüro ausgeschlossen. Er würde ihn nie mehr Politik machen lassen, soll Gorbatschow gesagt haben.Paradoxer Weise ist es Gorbatschows Politik der Demokratisierung selbst, die seine Ankündigung durchkreuzt: Im März 1989, bei den ersten demokratischen Parlamentswahlen, zieht Jelzin in die Volksvertretung ein - mit einem Traumergebnis von 89 Prozent Zustimmung unter den Moskauer Wählern. Gut ein Jahr später wird er endgültig zum mächtigsten Rivalen Gorbatschows: Am 29. Mai 1990 wählt ihn das russische Parlament zu seinem Präsidenten.Ein weiteres Jahr später wird Jelzin in direkter Volksabstimmung zum ersten demokratisch legitimierten Präsidenten Russlands gewählt. Noch ist das Land Teil der Sowjetunion. Gorbatschow ist Präsident des obersten Sowjet, also Staatsoberhaupt der Union. Aber deren Zusammenhalt bröckelt. Jelzin triumphiert über Gorbatschow ausgerechnet, als er ihn rettet: Im August 1991 putschen einige Generäle und Altstalinisten. Jelzin ruft vor dem Parlament auf einem Panzer stehend das Volk zum Widerstand auf. Der Staatsstreich misslingt. Gorbatschow kann nach Moskau zurückkehren, aber seine Macht ist gebrochen. Ende 1992 löst sich die Sowjetunion in eine "Gemeinschaft unabhängiger Staaten" auf. Den Kremel regiert jetzt Russlands Präsident: Boris Jelzin.
In den folgenden Jahren wandelt sich der Volkstribun zum "neuen Zaren". Korruption, autoritäre Entscheidungen und das Chaos in der Wirtschaft verbrauchen die einstige Beliebtheit Jelzins. Einen weiteren Putsch und die Unabhängigkeitserklärung Tschetscheniens kann Jelzin nur mit Gewalt beantworten. Nur durch die Knebelung der Medien gelingt ihm die Wiederwahl 1996. Danach regiert Jelzin, der schon lange alkoholkrank ist, häufig vom Krankenzimmer aus. Am 31. Dezember 1999 gibt er sein Amt an den Wunschnachfolger ab: Wladimir Putin.
Stand: 29.05.05