Stichtag

12. April 2005 - Vor 450 Jahren: Todestag von Johanna "der Wahnsinnigen"

Fast ein halbes Jahrhundert hat Johanna, Königin von Kastilien, in einem Turm der Festung von Tordesillas zugebracht – eingespert von ihrem Vater, später von ihrem Sohn. Beiden Männern war sie als rechtmäßige Erbin des Throns von Kastilien im Weg. So ging sie als "Johanna die Wahnsinnige" in die Geschichte ein. Unzählige mystisch-schaurige Legenden prägen ihr Bild. Moderne Historiker erkennen heute eine vielschichtige Gestalt: die einer unangepassten Frau, die sich den streng zelebrierten Ritualen ihrer Zeit widersetzte, eine depressive Thronerbin, die im Intrigenspiel dreier Verwandter zerbrochen und von den Hof-Chronisten als Irre "abgeschrieben" wurde.Johanna, Tochter Ferdinands von Aragon und Isabellas von Kastilien, ist noch keine 17, als sie 1496 mit dem Habsburger Prinzen Philipp, genannt "der Schöne", verheiratet wird. An dessen Hof in Brüssel wird die scheue Spanierin mit Eiseskälte empfangen. Doch Johanna wehrt sich und tobt, als ihr Mann sie immer wieder betrügt. Philipp-treue Chronisten verbreiten in ganz Europa das Gerücht von der vor Eifersucht wahnsinnigen Gemahlin. Trotzdem bekommt Johanna in rascher Folge sechs Kinder. 1504 bestimmt die Mutter Isabella auf dem Sterbebett  Johanna zur Erbin Kastiliens – allerdings unter der Regentschaft des Vaters Ferdinand.

Im erbitterten Machtkampf zwischen Philipp und Ferdinand wird sie wechselweise für wahnsinnig oder für regierungsfähig erklärt – je nach Lage der Dinge. Als ihr Mann zwei Jahre später an einem Fieber stirbt, weicht Johanna nicht vom Bett des Geliebten. In einem bizarren, Legenden umwobenen Leichenzug bringt sie Philipps Leichnam in ihre Heimat und überträgt ihrem Vater die Regierungsgewalt. Ferdinand reagiert eiskalt und verbannt die potentielle Rivalin 1509 in die Einsamkeit von Tordesillas in der Provinz Vailadolid. Da ist Johanna 30 Jahre alt und sie wird dieses Gefängnis nie wieder verlassen. Daran ändert auch der Tod Ferdinands 1516 nichts. Ihr Sohn Karl, der als Kaiser Karl V. in die Geschichte eingeht, lässt Johanna weiter im einsamen, kargen Exil dem Wahnsinn entgegendämmern. Nach einem Unfall und tagelangen Qualen, wird sie am Karfreitag 1555, mit 75 Jahren, endlich von ihrem Schicksal befreit.


Stand: 12.04.05