Stichtag

22. April 2005 - Vor 135 Jahren: Lenin wird geboren

"Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben", schreibt Lenin 1902 in seinem Buch "Was tun?". Nach seiner Ansicht muss das sozialistische Bewusstsein von "außen in die Arbeiterklasse hineingetragen" werden. Diese Aufgabe soll eine Minderheit - eine Elite von Berufsrevolutionären - übernehmen: "Gebt uns eine Organisation von Revolutionären, und wir werden Russland aus den Angeln heben." Zu diesem Zweck gründet Lenin eine "Partei neuen Typus", die sich als "bewusste und organisierte Vorhut der Arbeiterklasse" versteht. Sie ist Kaderpartei und nicht Massenorganisation. Aber sie kennt zunächst innerparteiliche Demokratie - bis 1921 die Fraktionsbildung verboten wird, da Meinungsverschiedenheiten angeblich dem Klassenfeind nützen.Lenin wird am 22. April 1870 als Wladimir Iljitsch Uljanow in Simbirsk an der Wolga geboren. Sein Vater ist ein in den Adel aufgestiegener Schul-Inspektor, seine Mutter eine Gutsbesitztochter. Sein Bruder Alexander wird 1887 wegen eines geplanten Attentats auf den Zaren verhaftet und gehängt. Im gleichen Jahr beginnt Wladimir sein Jura-Studium. 1891 eröffnet er eine Anwaltskanzlei, die zum revolutionären Zentrum wird. 1895 gründet er den "Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse" mit, ein Vorläufer der "Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands" (SDAPR). Wegen politischer Agitation verbringt er zwei Jahre im Gefängnis und drei Jahre in sibirischer Verbannung. 1900 geht er ins Exil nach Westeuropa. Im Dezember 1901 verwendet er erstmals den Decknamen "Lenin"."Stalin ist zu grob"Auf dem zweiten Kongress der SDAPR setzt sich Lenin 1903 mit seiner Parteikonzeption durch. Die Partei spaltet sich in die von ihm geführten Bolschewiki und die Menschewiki, die eine Massenbasis anstreben und sich an den Reformbestrebungen westlicher Sozialisten orientieren. Zwei Jahre später nimmt Lenin an der ersten russischen Revolution teil. Nach deren Niederschlagung geht er erneut ins Exil. Erst der Erste Weltkrieg schafft die Basis für die Wende in Russland: Im Frühjahr 1917 wird der geschwächte Zar gestürzt. Lenin fordert in seinen "Aprilthesen" den sofortigen Frieden, eine Landreform und eine Räteregierung: "Auf die Februarrevolution, die bürgerliche Revolution, muss nun die sozialistische Revolution folgen. Krieg den bürgerlich-demokratischen Kräften und dem gemäßigten Sozialismus." Seine Kampf hat Erfolg: Mit ihrer "Oktoberrevolution" kommen die Bolschewiken an die Macht. Lenin übernimmt die erste Sowjetregierung.

Nach dem Ersten Weltkrieg stürzt Russland in ein wirtschaftliches Desaster. Es herrscht Hungersnot. Der russische Bürgerkrieg bricht aus. Lenin fürchtet, England, Amerika und Frankreich könnten mit Geld und Waffen die Opposition stärken und die Macht der Zaren wieder herstellen. Deswegen lässt er die Zarenfamilie hinrichten. Konterrevolutionäre Kräfte werden schonungslos verfolgt. Nach langem Ringen wird 1922 die Sowjetunion gegründet. Im gleichen Jahr warnt er seine Genossen vor Stalin, den er selbst in die Führung der Partei berufen hatte: "Stalin ist zu grob." Es sei zu überlegen, "wie man Stalin ablösen könnte." Doch dazu kommt es nicht. Auch Lenins Warnungen vor Bürokratismus und unkontrolliertem Zentralismus verhallen. Er ist bereits ein schwerkranker Mann. Nach monatelanger Lähmung stirbt Lenin am 21. Januar 1924 an seinem dritten Gehirnschlag. Für seine Leiche wird auf dem Roten Platz in Moskau ein Mausoleum gebaut.Stand: 22.04.05