Stichtag

03. April 2005 - Vor 75 Jahren: Helmut Kohl wird geboren

Acht Monate bevor Helmut Kohl im Oktober 1982 Bundeskanzler wird, bezeichnet ihn die satirische Zeitschrift "Titanic" zum ersten Mal als "Birne". Kurz darauf platziert der SPD-nahe Grafiker Klaus Staeck unter das Foto einer braun gefleckten Birne den Spruch: "Ich bin der geistige Führer in diesem unserem krisengeschüttelten Land." Doch der Spott schadet Kohl nicht - im Gegenteil: Er bleibt 16 Jahre im Amt, länger als jeder Kanzler vor ihm.Helmut Kohl wird am 3. April 1930 in Ludwigshafen geboren: "Mein Elternhaus war arm. Der Vater war ein kleiner Beamter, Steuersekretär. Wie hatten nicht viel Geld." Bei Kriegsende ist er 15 Jahre alt. Später wird Kohl bei einem Staatsbesuch in Israel von der "Gnade der späten Geburt" sprechen - was ihm als Freispruch von der Verantwortung für die nationalsozialistische Vergangenheit ausgelegt wird. 1947 tritt Kohl mit 17 Jahren in die CDU ein. Drei Jahre später macht er das Abitur, studiert Geschichte und promoviert 1958. Er wird Referent des "Industrieverbandes Chemie" in Ludwigshafen. Parallel dazu konzentriert er sich auf seine politische Karriere: 1959 wird er Landtagsabgeordneter, zehn Jahre später Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Dann wechselt er in die Bundespolitik, wird Oppositionsführer und Parteivorsitzender der CDU."Geistig-moralische Wende" angekündigtAls Regierungschef kündigt Kohl die "geistig-moralische Wende" an. Doch schon der Beginn seiner Amtszeit ist von Affären gekennzeichnet. Kritisiert wird seine Neigung, Probleme "auszusitzen". So hält der Kanzler an Verteidigungsminister Manfred Wörner fest, obwohl dieser den Viersterne-General Günter Kießling wegen falscher Vorwürfe entlassen hat. Der Versuch der Kohl-Regierung, nach der Flick-Affäre durch ein Gesetz Spender und Parteifunktionäre nachträglich zu amnestieren, scheitert aufgrund der öffentlichen Entrüstung. Protestiert wird auch gegen den gemeinsamen Auftritt von Kohl und US-Präsdent Ronald Reagan auf dem Soldatenfriedhof in Bitburg, wo auch Angehörige der Waffen-SS beerdigt sind.

Den Höhepunkt von Kohls Karriere bildet die Deutsche Einheit. Als sich ihm die Chance dazu bietet, greift er zu: Als am 9. November 1989 die Berliner Mauer fällt, reist Kohl nach Berlin. Dort erfährt er, dass Michail Gorbatschow ihn sprechen will: "Er hat in Bonn angerufen, weil die Stasi und der KGB Druck auf ihn ausübten, er soll das Militär loslassen. Da habe ich ihm ausgerichtet: An der Mauer würde niemand sowjetische Einrichtungen angreifen. Später hat er mir gesagt: Ich habe dir geglaubt."Bald darauf büßt Kohl viel Glaubwürdigkeit ein. 1997 kritisiert Altbundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) dessen Regierungspolitik als eine Politik der reinen Machterhaltung. 1998 kommt nach der verlorenen Bundestagswahl die CDU-Parteispenden-Affäre ans Licht. Das "System Kohl" ist am Ende. Im Dezember 1999 offenbart Kohl, er "habe Spenden angenommen, 1993 bis 1998, circa zwei Millionen, 300.000 Mark im Jahr, weil die Spender darum gebeten hatten." Kohl behauptet, er habe den Spendern sein Ehrenwort gegeben, ihre Namen geheim zu halten. Bis heute hat er nicht offengelegt, woher das Geld stammt.Stand: 03.04.05