9.02.1974, Demonstration gegen die Pläne der Landesregierung in NRW

13. Februar 1974 - Erstes Volksbegehren in NRW beginnt

Stand: 13.02.2019, 00:00 Uhr

In NRW werden ab Mitte der 1960er Jahre die Grenzen zwischen vielen Städten und Landkreisen verrückt. Durch den Zusammenschluss von Gemeinden soll die Verwaltung effizienter werden - so will es die NRW-Regierung.

Als die Gebietsreform die Ballungsgebiete ereilt, wächst der Widerstand. Viele Bürger wollen lieber eigenständig bleiben. "Unser Porz soll Porz bleiben", heißt es etwa hinter der südlichen Kölner Stadtgrenze. "Wir wollen nicht nach Duisburg", tönt es auch aus Rheinhausen.

Bürgerinitiativen schließen sich zusammen

Zentrum des Widerstandes wird Wattenscheid, das nach der Neugliederung zum Bochumer Vorort werden soll. "Es gab Hunderte von Bürgerinitiativen (...) und die haben wir dann zusammengefasst", erinnert sich Jost Benfer, Mitorganisator des Widerstandes.

Volksbegehren gegen kommunale Neuordnung (am 13.02.1974)

WDR 2 Stichtag 13.02.2019 04:16 Min. Verfügbar bis 10.02.2029 WDR 2


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Unter dem Namen "Aktion Bürgerwille" initiiert die Bewegung das erste Volksbegehren in NRW. Es ist die einzige Möglichkeit, um gegen die beschlossenen Gebietsreformen vorzugehen.

Prominenter Unterstützer des Volksbegehrens ist der Wattenscheider Industrielle Klaus Steilmann. Seiner Meinung nach hat die Eingemeindung ehemals blühende Orte wie Hamborn und Steele in triste Vororte von Duisburg und Essen verwandelt.

Abstimmung mitten im Karneval

Von Wattenscheid aus werden die Eintragungslisten für 13 Millionen Bürger an die Stadt- und Kreisbehörden ausgeliefert. Der Innenminister legt die Abstimmungszeit auf den 13. bis 26. Februar 1974 fest - mitten in die Karnevalszeit.

"Wo im Rheinland die Menschen sicherlich andere Probleme haben als die Frage zu erörtern, Wattenscheid und Bochum, ne, dat passt nicht zusammen", ärgert sich Benfer. Die Kölner weisen die Kritik zurück. Das Amt sei auch Rosenmontag von 9-12 Uhr geöffnet. Da könne jeder noch vor Zugbeginn seine Eintragung machen.

Die durch Spenden finanzierte "Aktion Bürgerwille" kritisiert zudem, dass es in vielen Städten zu wenige Stellen gebe, wo die Bevölkerung für das Volksbegehren stimmen könne. Auch diesen Vorwürfen widerspricht die Kölner Verwaltung. Man habe alles ordnungsgemäß abgewickelt.

Nur ein Drittel der erforderlichen Stimmen

Nach Ablauf der Frist verkündet der Landeswahlleiter: "Eingetragen haben sich nur 719.910, das sind 6,02 Prozent der Stimmberechtigten." Das Volksbegehren kommt nicht zustande. Gebraucht hätte die Aktion rund 2,2 Millionen Stimmen.

Ein Jahr später wird die Gebietsreform weitgehend abgeschlossen. Porz und Rodenkirchen bleiben Stadtteile von Köln. Rheinhausen gehört von nun an zu Duisburg und Wattenscheid wird trotz aller Proteste zum Vorort von Bochum.

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