Wie schauen Sie fern? Sind Sie ein Zapper und drücken nur die Werbung weg? Oder ein Switcher, der gern zwischen zwei Sendungen hin- und her schaltet? Vielleicht aber auch ein Grazer, also immer auf der Suche nach dem ultimativen Programmhöhepunkt? Wie auch immer: Sie verwenden dafür mit großer Wahrscheinlichkeit eine Fernbedienung. Das war früher anders.
Angefangen hat es in den USA. Dort kommt 1948 ein erstes Gerät mit einem Kabel im Einsatz. Allerdings kann mit dieser Fernbedienung nur der Bildausschnitt vergrößert werden. Das wird 1950 optimiert: Die US-Firma Zenith Electronics stellt "Lazy Bones" ("Faulpelz") vor. Nun können auch die Programme gewechselt werden. Doch auch diese Fernbedienung ist noch immer eine Stolperfalle - durch ihre Kabelverbindung mit dem Fernsehgerät.
Polley: "Fast so wichtig wie Sex"
1955 gelingt dem US-Ingenieur Eugene Polley der Durchbruch: Für Zenith Electronics entwickelt er die "Flash-Matic". Die erste schnurlose Fernbedienung sieht aus wie eine Mischung aus Föhn und Pistole. Der Benutzer zielt damit per Lichtstrahl auf vier in den Ecken des Fernsehapparats angebrachte Fotozellen. So können unterschiedliche Funktionen aktiviert werden: an- und ausmachen, leiser und lauter stellen, die Programme wechseln. "Flash-Matic" hat allerdings einen Nachteil: Auch andere Lichtquellen können den Fernseher ungewollt mitsteuern.
Dennoch erhält Polley 1956 von seinem Arbeitgeber eine Prämie von 1.000 Dollar für seine Erfindung. Deren epochale Bedeutung ist für den Erfinder mit jener des Wasserklosetts vergleichbar. "Sie ist fast so wichtig wie Sex", ist er überzeugt. 1997 wird der 1915 geborene Polley mit dem US-Fernsehpreis "Emmy" für außergewöhnliche technische Leistungen geehrt.
Erhöhter Druck auf Fernsehmacher
Der nächste Entwicklungsschritt ist die Ultraschall-Fernbedienung. Sie sendet ab 1956 für Menschen nicht wahrnehmbare Akustiksignale an einen Sensor im Fernsehgerät. Die "Space Command" ist von Robert Adler konzipiert worden. Doch auch dieses Modell hat einen unbeabsichtigten Nebeneffekt: Manche Haustiere können das hochfrequente Piepen hören und zum Beispiel aus dem Schlaf geweckt werden. Heute ist durch unsichtbares Infrarotlicht eine vergleichsweise sichere und wenig störanfällige Signalübertragung möglich. Inzwischen kann man sich auch Apps herunterladen und damit den Fernseher vom Handy aus bedienen.
Die Fernbedienung hat auch Einfluss auf das Fernsehangebot. Damit die Zuschauer nicht umschalten, werden Geschichten immer schneller erzählt. "Es ist sicherlich für uns Fernsehmacher eine ganz radikale Erfindung gewesen", sagt Hubertus Meyer-Burckhardt, der die NDR-Talkshow moderiert und als Fernsehproduzent arbeitet. Denn die Fernbedienung verleite dazu, permanent unterhalten zu wollen und sich von einem Gag in den nächsten zu stürzen. "Man setzt auf die Bindung durch Emotionen", sagt Medienwissenschaftlerin Joan Kristin Bleicher. "In dem Moment, wo jemand weint, will der Zuschauer, der sich gerade rein geschaltet hat, auch wissen warum."
Stand: 26.12.2015
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