Am Ende ihrer Dienstzeit kann die Atlantis eine beachtliche Bilanz vorweisen. 4.848 Mal hat die US-Raumfähre die Erde umkreist und dabei mehr als 203 Millionen Kilometer zurückgelegt. 170 Astronauten sind mit ihr ins All zur Internationalen Raumstation ISS geflogen und sicher wieder heimgekehrt.
Nicht wenige Nasa-Angehörige im Kennedy Space Center (KSC) haben feuchte Augen, als die Atlantis am 21. Juli 2011 zum letzten Mal auf der Landebahn aufsetzt. Der erfolgreiche Abschluss ihrer 33. Mission markiert nach 30 Jahren das Ende des amerikanischen Space-Shuttle-Programms – jedenfalls auf absehbare Zeit. Ohne die Atlantis und ihre vier Schwester-Orbiter wären der Bau der internationalen Raumstation ISS und der Betrieb des Hubble-Weltraumteleskops nicht möglich gewesen.
Serienreife nie erreicht
Begleitet vom Donner ihrer Treibstoff-Raketen hebt sich 1981 die Columbia als erstes Shuttle in den Himmel über Florida. Der von der Nasa entwickelte wiederverwendbare Fracht-Carrier soll die Kosten der Raumfahrt drastisch senken und regelmäßige Flüge ins All ermöglichen. Bis zu 20 Shuttles will die Raumfahrtbehörde in Dienst stellen, jede Woche soll ein Weltraum-Transporter an der Startrampe stehen. Doch die ehrgeizigen Pläne erweisen sich als Illusion. "Schnell wurde klar, dass alle Prozesse viel zu kompliziert und umfangreich waren, um relativ kurze Startabstände gewährleisten zu können", erklärt Andreas Schütz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln.
Serienreife erlangt das Space Shuttle nie. Stattdessen treiben der technische Aufwand und Nachrüstungen vor allem am Hitze-Schutzkleid die Kosten wieder in die Höhe. Besonders fatal wirken sich die Explosion der Challenger 1986 und die missglückte Heimkehr der Columbia 2003 aus; alle der insgesamt 14 Astronauten kommen dabei ums Leben. Neue Sicherheitskonzepte wie die gleichzeitige Bereitstellung einer Rettungs-Raumfähre bei einer Shuttle-Mission lassen den Preis pro Start nach Angaben des DLR-Experten Schütz auf rund eine Milliarde Dollar anschwellen: "Da ist dann irgendwann der Punkt erreicht, wo man sich nach einer neueren Lösung umsieht."
Museumsreife Landung
Beim Erstflug der Atlantis 1985 ist die Crew im Auftrag des Pentagon unterwegs; zwei militärische Kommunikationssatelliten werden ausgesetzt. Mehrmals in ihrer Dienstzeit landet die Raumfähre nicht am Startort im KSC, sondern auf der Edwards Air Base in Kalifornien. Huckepack kehrt sie dann auf dem Rücken eines modifizierten 747-Jumbos nach Florida zurück. Auch der Deutsche Hans Schlegel, der 1993 schon einer Columbia-Besatzung angehörte, reist 2008 mit der Atlantis zur ISS. Damit ist er der letzte deutsche Astronaut im US-Shuttle-Programm.
Die finale Mission der Atlantis verläuft – davon abgesehen, dass sie die Ära der Nasa-Raumfähren beendet – wenig spektakulär: Frischer Proviant muss zur ISS, Weltraum-Müll wird retour zur Erde befördert. Nach der Landung überreicht man der Crew in einer kleinen, patriotischen Abschiedszeremonie die US-Flagge des ersten Shuttle-Flugs vor 30 Jahren. Danach rollt die Atlantis auf direktem Weg als Museumsstück ins Kennedy Space Center. Den Transport- und Reparaturservice für die Besatzungen der ISS erledigt seither das russische Raumfahrtzentrum in Baikonur.
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