Otto Nerz

12. Mai 1938 – Otto Nerz übergibt Trainerstab an Sepp Herberger

Stand: 12.05.2018, 00:00 Uhr

In den 1920-Jahren ist die deutsche Fußball-Nationalmannschaft weniger als Mittelmaß. Otto Nerz macht sie als Reichstrainer wieder groß.

Bei der Weltmeisterschaft in Italien schafft die Amateurmannschaft einen sensationellen 3:2-Sieg gegen die als Wunderteam geltenden Österreicher. Deutschland erringt die Bronzemedaille nach einer packenden Verteidigungsschlacht am Ende.

Sepp Herberger wird Nachfolger von Otto Nerz (am 12.05.1938)

WDR Zeitzeichen 12.05.2018 14:22 Min. Verfügbar bis 09.05.2028 WDR 5


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Aus Freunden werden Konkurrenten

Geboren wird Nerz 1892 in Hechingen. 1919 nimmt er eine Stelle als Volksschullehrer in Berlin an. Zwischen 1920 und 1925 studiert er Sport an der Hochschule für Leibesübungen in Berlin-Charlottenburg. 1935 promoviert er in Medizin.

Eher erfolglos kickt er als Außenläufer, unter anderem beim VfR Mannheim und bei Tennis Borussia Berlin, wo er 1924 Trainer wird. Als Deutschland 1928 zum ersten Mal nach dem Ersten Weltkrieg wieder an den Olympischen Spielen teilnehmen darf, wird Nerz Nationaltrainer. Sepp Herberger wird sein Assistent.

Hitlers Zuspruch und Zorn

Mit eiserner Hand trainiert Nerz die Mannschaft, in der die besten der insgesamt 600.000 Amateur-Fußballer spielen. Der dritte Platz bei der WM 1934 ist sein größter Erfolg. Ein Jahr zuvor tritt er der NSDAP bei. Im Unterschied zu Herberger, der als Mitläufer Mitglied wird, äußert er sich eindeutig antisemitisch - der Zuspruch von Adolf Hitler ist ihm so sicher.

Bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 ist die Goldmedaille in greifbarer Nähe, zumal Profi-Teams wie Österreich, Ungarn und die Tschechoslowakei nicht teilnehmen dürfen. Nach dem souveränen Auftaktsieg gegen Luxemburg erwirkt DFB-Boss Linnemann jedoch, dass ein B-Kader gegen Norwegen aufläuft. Die deutsche Nationalmannschaft scheidet aus.

Hitler verlässt wutschnaubend das Stadion und schaut sich nie wieder ein Fußballspiel an. Sepp Herberger wird Reichstrainer. Nerz bleibt zunächst als "Referent für die Nationalmannschaft" dessen Chef. Aus Freunden werden Konkurrenten.

Tod im sowjetischen Lager

Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs 1938 soll die Nationalmannschaft bei der WM in Frankreich die Gegebenheiten eines "Großdeutschen Reichs" widerspiegeln. Fünf oder sechs Wiener sollen auf Befehl von oben im Kader sein, was aus einer gut eingespielten Mannschaft mit glänzenden Erfolgsaussichten ein zusammengewürfeltes Team macht.

Nerz gibt resigniert auf. Am 12. Mai 1938 tritt er von seinem Posten zurück, Herberger wird allein verantwortlicher Reichstrainer. Deutschland übersteht die K.-o.-Runde nicht.

Nach seinem Abschied arbeitet Nerz bis 1945 als Direktor der Deutschen Hochschule für Leibesübungen, dann gerät er in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Er stirbt 1949 im Speziallager Sachsenhausen.

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