20. November 2002 - Öffentliche Sektion durch Gunther von Hagens

Stand: 20.11.2017, 00:00 Uhr

In Deutschland hat Gunther von Hagens Ausstellung "Körperwelten" viele Menschen empört. "Körperwelten", das sind plastinierte Menschen- und Tierkörper mit geöffneten Bäuchen und Köpfen. "Das alles in lebendigen Posen und hergestellt aus echten Leichen", wie die Ausstellungsmacher werben. In Großbritannien ist der deutsche Mediziner mit dem schwarzen Hut sogar noch einen Schritt weitergegangen.

Öffentliche Sektion durch Gunther von Hagens (am 20.11.2002)

WDR 2 Stichtag 20.11.2017 04:14 Min. Verfügbar bis 18.11.2027 WDR 2


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Im Umfeld der Brick Lane im Osten Londons hat Jack the Ripper Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Frauen getötet und teilweise ausgeweidet. Genau hier zeigt Gunther von Hagens im Jahr 2002 seine umstrittene Ausstellung "Körperwelten". Und genau hier will er öffentlich eine Leiche sezieren.

Autopsie für alle

Seit über eineinhalb Jahrhunderten hat es so etwas in England nicht gegeben. "Ich glaube, es ist an der Zeit, Laien zu erlauben, sich eine Autopsie anzusehen. Das war in den letzten 170 Jahren allein einer medizinischen Elite vorbehalten", sagt von Hagens.

Und diese Elite rebelliert in England gegen die Ankündigung einer öffentlichen Sektion. "Das Lernen mit Hilfe von Leichen erfordert meiner Meinung nach eine deutlich respektvollere Atmosphäre", sagt der Arzt Michael Willicks von der Britischen Medizinischen Gesellschaft. Und John Lillyman vom Britischen Pathologenverband sagt trocken: "Für mich ist Professor von Hagens ein Showman und Geschäftemacher."

In den britischen Medien wird ausgiebig über den "Dr. Frankenstein" aus Deutschland diskutiert – und auch darüber, ob er überhaupt die Erlaubnis hat, eine Sektion durchzuführen. Trotzdem ist es schließlich so weit, am 20. November 2002.

Von Hagens reicht Organe auf einem Tablett herum

In der Brick Lane tritt Gunther von Hagens mit schwarzem Hut und blauem Arztkittel zur öffentlichen Sektion an – vor 500 zahlenden Zuschauern und laufenden Kameras.

Er arbeitet am Körper eines 72-jährigen Deutschen, der seine sterblichen Überreste für die öffentliche Sektion zur Verfügung gestellt hat. Der Mediziner entnimmt Organe, die er auf Tabletts im Publikum herumreicht. Während der Geruch des geöffneten toten Körpers nach und nach den ganzen Saal erfüllt, wird manchem Zuschauer schlecht.

Völlig geruchsneutral wird die Sektion kurz darauf vom Privatsender Channel 4 in Großbritannien ausgestrahlt. Sie bringt dem Sender eine seiner höchsten Einschaltquoten ein. Deswegen folgen auf Channel 4 in den kommenden Jahren weitere Sektionen mit dem deutschen Mediziner. Für Gunther von Hagens ist das der Beweis, dass viele Menschen sein Ziel unterstützen: den Tod öffentlicher zu machen und zu entzaubern.

"Wie stellen Sie sich Ihren eigenen Tod vor? Wird er friedlich sein? Wird er schnell sein? Werden Sie alt sein? Unser Tod ist für uns ein Geheimnis. Aber der Tod ist weniger geheimnisvoll, als wir es uns vorstellen", sagt Gunther von Hagens damals im Channel 4.

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