Von US-Präsident Richard Nixon wurde er zum gefährlichsten Mann Amerikas erklärt: Timothy Leary, Psychologe und LSD-Guru. "Es ist wahr: LSD gibt dir eine berauschende Erfahrung", erklärte Leary einmal. "Aber der Genuss ist nicht der Genuss wie bei einer Flasche Bier. Dein Nervensystem wird angeregt und du tauchst ab in deinen Körper, zu der unbeschreiblichen Weisheit, die in ihm liegt. Es ist die Ekstase, die Wissenschaftler spüren, wenn sich ihnen plötzlich etwas enthüllt."
Leary fordert freien Zugang zu Drogen
Timothy Learys Weg zum Staatsfeind Nummer eins beginnt mit wissenschaftlicher Neugier. Auf Rat eines befreundeten Psychologen testet der 40-Jährige Anfang der 1960er-Jahre in Mexiko psychedelische Pilze. "Ich habe an diesem Swimmingpool mehr über den menschlichen Geist gelernt als in fünfzehn Jahren als fleißiger Psychiater", erinnert sich Timothy Leary. In Harvard startet er daraufhin ein Forschungsprojekt, um zu beweisen, dass die Inhaltsstoffe des LSD die Pforten der Wahrnehmung öffnen können. Zwar fordert er freien Zugang zu psychedelischen, also "bewusstseinserweiternden" Drogen, befürwortet aber nie einen unkontrollierten Drogenkonsum. "LSD ist nicht für jedes Gehirn etwas – nur die Gesunden, Glücklichen, Schönen, Hoffnungsvollen, Humorvollen und Agilen sollten nach einer solchen Erfahrung suchen. Dieser Elitismus ist gänzlich selbstbestimmt. Wenn du nicht selbstbewusst, selbstgesteuert, selbstbestimmt bist, lass es bitte", warnt er.
Wegen seiner liberalen Ansichten zu psychedelischen Drogen wie LSD wird Leary in den 1960er-Jahren von den Hippies verehrt und prägt den Slogan einer ganzen Generation: "Turn on, tune in, drop out". Leary meint damit eine Selbstverwandlung hin zu einem bewussteren Leben - allerdings in anderer Reihenfolge als der Slogan es nahelegt. Zuerst solle man aussteigen, drop out, sich von autoritären Bindungen lösen und selbstständig denken. Dann solle man sich in sich selbst versenken, turn on, um ins eigene, tiefere Bewusstsein vorzudringen - auch mithilfe von Drogen. In einem letzten Schritt solle man in die Gesellschaft zurückkehren, tune in, und Vorbild für ein besseres Leben sein.
Staat und Institutionen reagieren mit Härte auf seine Visionen: Die Universität Harvard entlässt ihn bereits 1963. Wegen des illegalen Besitzes von Marihuana wird Timothy Leary mehrmals inhaftiert. 1970 gelingt ihm die Flucht aus einem Gefängnis in Kalifornien. Über Algerien und die Schweiz landet er schließlich in Afghanistan, wo er 1973 festgenommen und an die USA ausgeliefert wird.
Seine Asche wird ins Weltall geschossen
Nach seiner Haft wendet er sich Themen wie künstlicher Intelligenz und dem Internet zu. "In zehn Jahren wird es dem ärmsten Kind möglich sein, nur mit dem Klopfen des Datenhandschuhs mit dir zu kommunizieren und eine andere Welt zu bauen", sagt er. Als optimistischer Prophet nimmt er die globale Vernetzung vorweg. Erlebt hat sie Timothy Leary nicht mehr. Am 31. Mai 1996 stirbt er mit 75 Jahren in Beverly Hills an Prostatakrebs. Teile seiner Asche werden mit einer Rakete ins Weltall geschossen, wie es sein Wunsch war. Es ist der letzte Trip des Timothy Leary.
Erst kürzlich haben britische Forscher möglicherweise ein Mittel gegen Depressionen gefunden. Es soll in den psychedelischen Pilzen stecken, mit denen Timothy Leary an einem Swimmingpool in Mexiko experimentiert hat.
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 31. Mai 2016 ebenfalls an Timothy Leary. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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