Auf ein Tier hat sich der britische Zoologe Desmond Morris besonders spezialisiert: den Menschen. Aufgewachsen während des Zweiten Weltkriegs, ist er wenig fasziniert von Wesen seiner eigenen Art. "Als Kind sah ich um mich herum nichts als Mord und Totschlag. Und ich dachte: Was für eine schreckliche Spezies wir sind. Darum wurde ich Zoologe. Ich hatte wesentlich größere Hochachtung vor Fischen, Vögeln oder Säugetieren als vor Menschen."
Ausstellung mit Joan Miró
Desmond Morris, geboren am 24. Januar 1928 in der britischen Grafschaft Wiltshire, findet Trost in zwei Sphären: der Zoologie und der Kunst. Den britischen Fernsehzuschauern erklärt er die Wunderwelt der Tiere in "Zootime", er wird Säugetierkurator im Londoner Zoo und promoviert beim späteren Nobelpreisträger und Tier-Verhaltensforscher Nikolaas Tinbergen in Oxford. Gleichzeitig malt Morris surrealistische Gemälde, die er schon als 22-Jähriger gemeinsam mit Joan Miró ausstellt. Die Welt der Tiere und der Kunst führt er in einem berühmten Experiment zusammen: Er lässt Affen Bilder malen, und weist nach, dass sie Kunst produzieren können, ein Gefühl für Formen und Gestaltung haben.
Morris hangelt sich am Stammbaum der Arten nach oben
Nach Insekten und Fischen, dann Vögeln und Säugetieren, beginnt er Ende der 1960er-Jahre das Verhalten der Menschen zu erforschen – mit Methoden, die er sonst auf Tiere anwendet. "Ich hab mich sozusagen langsam am Stammbaum der Arten nach oben gehangelt. Es war der nächste logische Schritt, von den behaarten Affen zum nackten Affen zu gehen."
Beginnend mit dem Buch Der nackte Affe von 1967 entlarvt er den Menschen als Affen ohne Fell: Unser Handeln werde primär von biologischen Trieben bestimmt. In über 50 teils sehr erfolgreichen Publikationen arbeitet er sich am Verhalten des Menschen ab. Heilig ist ihm nichts, weder die Liebe, noch Kunst, Sport oder Religion. "Das Außergewöhnliche an Desmond Morris ist, dass er mit zwei Denkfiguren ganz gründlich aufgeräumt hat: Erstens war es bis dahin selbstverständlich, dass ein großer Graben Tiere und Menschen trennt. Und zweitens hat er den Bereich der menschlichen Liebe entmystifiziert. Die Liebe galt immer als etwas Außergewöhnliches, nur dem Menschen Eigenes. Er hat die Liebe mit ganz profaner Sexualität in Verbindung gebracht. Das war vielen unangenehm", sagt Eckart Voland, Professor für Biophilosophie an der Universität Gießen.
Sind Darwins Theorien akzeptiert?
Vor allem von Vertretern der Kirchen wird der promovierte Zoologe und Darwinist angefeindet. Verstehen konnte das Desmond Morris nie: "Ich war davon ausgegangen, dass Darwins Theorien inzwischen allgemein akzeptiert sind."
Stand: 24.01.2013
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 24. Januar 2013 ebenfalls an Desmond Morris. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.