Geburtstag Jane Austen (engl. Dichterin)

Stichtag

16. Dezember 1775 - Jane Austen wird geboren

Jane Austen ist eine ernste, gottesfürchtige und äußerst sittsame viktorianische Dame. So jedenfalls wird sie von ihrer Verwandtschaft für die Öffentlichkeit stilisiert. Auf der einzigen Porträtzeichnung lässt ihre Schwester Cassandra sie etwas verkniffen in die Welt sehen. "Nie sprach sie ein leichtfertiges oder strenges Wort", urteilt der Bruder. Und der Neffe stellt vor allem ihre Meisterschaft im Satinstich heraus: "Ihre Stickereien, die einfachen wie die ornamentalen, waren exzellent."

Tatsächlich ist Austen eine lebenslustige Frau, die ihre Umgebung mit scharfem Blick beobachtet - und mit spitzer, oft sarkastischer Zunge beschreibt. "Mrs. Hall kam gestern mit einem toten Kind nieder, ausgelöst offenbar durch einen Schock. Ich vermute, sie hat versehentlich ihren Ehemann angeschaut", schreibt sie an Cassandra. Oder: "Zu den Damen Debary war ich so höflich, wie mir ihr Mundgeruch erlaubte."

Am Anfang steht die Parodie

Geboren wird Austen am 16. Dezember 1775 als siebtes von acht Kindern in einem Pfarrhaus in der südenglischen Ortschaft Steventon. Für einen Geistlichen ist ihr Vater überdurchschnittlich weltoffen und belesen: Das Haus verfügt über eine große Bibliothek, für die vielen Gäste veranstaltet die Familie Theateraufführungen in der Scheune. In Steventon beginnt Austen als 12-Jährige ernsthaft mit dem Schreiben von Sketchen und Parodien. Zwischen 1792 und 1799 entstehen hier auch erste Fassungen ihrer späteren, vielfach verfilmten Romane "Verstand und Gefühl" (1811) sowie "Stolz und Vorurteil" (1813). Letzterer schildert die Romanze zwischen der ebenso selbstbewussten wie schlagfertigen Elizabeth Bennet und dem stolzen Mr. Darcy und wird ihr größter Erfolg.

In ihrer Jugend besucht Austen viele Bälle und flirtet offenbar gerne. 1796 verliebt sie sich in den angehenden Juristen Tom Lefroy, der dann aber wegen ihres fehlenden Vermögens eine andere heiratet: eine klassische Situation, mit der sich ein ums andere Mal auch die Heldinnen ihrer Romane konfrontiert sehen. "Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringlicher braucht als eine Frau", heißt es dort einmal. Austen selbst bleibt romantisch: "Alles ist wünschenswerter und erträglicher als eine Heirat ohne Liebe", schreibt sie an ihre Nichte.

Mit der Literatur verheiratet

Der eigentliche Grund für Austens Ehelosigkeit ist aber woh, das sie bereits mit der Literatur verheiratet ist: Die Freiheit zu schreiben ist ihr heilig. Zwischen 1811 und 1817 kommen sieben Romane heraus, die das Leben der "Gentry" genannten gehobenen ländlichen Mittelschicht mit ihren Teegesellschaften, Hausbällen, Landpartien und Eheanbahnungsversuchen beschreiben. Dabei wählt Austen eine ungeheuer modern wirkende Erzählposition, die die Leser hineinführt in das Innere ihrer Figuren. Immer wieder verfällt die Autorin dabei in bissigen Spott, der das Verkrampfte der viktorianischen Gesellschaft aufdeckt.

Anders als andere Frauen kann sich Austen ihr Singledasein leisten: Nach dem Tod des Vaters sorgen die Söhne der Familie, die teils als Admiräle Karriere gemacht haben, für ihr Auskommen. Die letzten acht Jahre ihres Lebens verbringt die Autorin, inzwischen hoch angesehen, in einem Cottage in Chawton, das ihr, der Mutter und der Schwester vom reichen Adoptivvater ihres Bruders zur Verfügung gestellt wird. Hier entstehen, zwischen Gartenarbeit und Dinner-Planung, Meisterwerke wie "Mansfield Park" (1814) oder "Emma" (1815).

Vielleicht wäre Austen die erste Schriftstellerin Englands geworden, die vom Schreiben hätte leben können. Aber das Schicksal will es anders. Mit nur 40 Jahren erkrankt Austen an einer Nebenniereninsuffizienz. Sie stirbt 1817, den Kopf im Schoß ihrer Schwester.

Stand: 16.12.2015

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