Ende des 19. Jahrhunderts entdecken deutsche Großstädter die Vorzüge eines Sommerurlaubs am Meer. Überall entlang der Ostseeküste entstehen idyllische Seebäder. Schwimmen können allerdings nur zwei Prozent der Bevölkerung. Deshalb ertrinken jedes Jahr rund 5.000 Menschen in deutschen Gewässern.
Im Kurort Binz auf Rügen kommt es im Juli 1912 zu einem folgenschweren Unglück. Rund 1.000 Sommerfrischler erwarten damals auf der 560 Meter langen Seebrücke die Ankunft eines Ausflugsdampfers, als der Brückenkopf plötzlich einbricht. Mehr als 100 Badegäste stürzen ins Wasser.
Lebensrettung als Ehrenamt
Die meisten Opfer überleben nur, weil sie von Matrosen eines zufällig dort ankernden Marineschiffs gerettet werden. 17 Urlauber, darunter sieben Kinder, ertrinken in der Ostsee. Unter dem Eindruck der Katastrophe von Binz versammelt sich am 19. Oktober 1913 in Leipzig eine Gruppe von Männern. Sie wollen den Deutschen das Schwimmen beibringen und gründen dazu die DLRG, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft.
"Jeder Nichtschwimmer ein Schwimmer, jeder Schwimmer ein Rettungsschwimmer", lautet das Motto der ersten 435 DLRG-Mitglieder. Im ganzen Reich organisieren sie ehrenamtlich Schwimm- und Rettungskurse. Der 1. Weltkrieg unterbricht ihre Arbeit, aber bereits 1922 stellt die DLRG wieder fast 8.000 Schwimmscheine aus und vergibt 2.000 Rettungsschwimmer-Abzeichen.
Während der Naziherrschaft wird der eingetragene Verein aufgelöst und in den NS-Apparat eingegliedert. 1947 darf sich die DLRG im Westen unter ihrem alten Namen als Verein neu gründen. In der DDR dagegen übernehmen fest angestellte Wasserretter des Roten Kreuzes ihre Aufgaben.
Wartelisten für DLRG-Kurse
DLRG-Schwimmer bei Übung an der Seebrücke von Binz
Seit der Wiedervereinigung sorgt die DLRG in Ost und West für Schwimmausbildung und Badesicherheit. Knapp 70.000 Menschen haben die Retter seit 1950 vor dem Ertrinken bewahrt. Mit 1,8 Millionen Mitgliedern und Förderern gilt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft als größte freiwillige Wasserrettungsorganisation der Welt.
Die Nachfrage nach Schwimm- und Rettungskursen ist enorm; Bewerber müssen teils bis zu einem Jahr warten. Mit großer Sorge registriert die DLRG, dass immer weniger Kinder schwimmen lernen, weil kommunale Bäder aus Geldmangel geschlossen werden und der Schwimmunterricht an Schulen deshalb ausfällt. Die Zahlen sprechen für sich: Allein von Januar bis August 2018 sind in Deutschland 445 Menschen ertrunken – weil sie nicht schwimmen konnten oder die Gefahren offener Gewässer unterschätzt haben.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 19. Oktober 2018 ebenfalls an die Gründung der DLRG. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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