TV-Familie Schölermann: (v.l.) Harald Martens, Willy Krüger, Charles Brauer, Margit Cargill und Lotte Rausch

29. September 1954 - Erste deutsche TV-Serie "Familie Schölermann" startet

Stand: 29.09.2019, 00:00 Uhr

Familienserien gibt es, seit das Fernsehen in deutschen Wohnzimmern Einzug gehalten hat. Der NWDR ist 1952 gerade erst in Hamburg auf Sendung gegangen, als Intendant Werner Pleister die Geburt der ersten Bildschirm-Familie anregt. "Er meinte, wie in Amerika müsse auch hier mal eine Familienserie gestartet werden", erinnert sich Regisseur Rupprecht Essberger.

In den Mittelpunkt stellt Pleister eine Otto-Normalverbraucher-Sippe, die jeder Westdeutsche als Nachbar haben könnte. Vater Matthias ist Angestellter und Mutti Trude schmeißt den Haushalt. Sohn Heinz arbeitet in einer Autowerkstatt, Tochter Evchen wird Schneiderin und Nesthäkchen Jockel schlägt sich mit der Schule rum.

TV-Serie Familie Schölermann startet (29.09.1954)

WDR 2 Stichtag 29.09.2019 04:12 Min. Verfügbar bis 26.09.2029 WDR 2


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Mutti Schölermann geht fremd

"Irgendwo, irgendwann sind Sie ihr schon begegnet, wenn sie auch nicht Schölermann heißen mag", lautet am 29. September 1954 die Ansage zur Premiere von "Familie Schölermann". Der Untertitel "Unsere Nachbarn heute Abend" soll suggerieren: Die Schölermanns gibt es tatsächlich – Reality TV der ersten Stunde.

Die Schauspieler bleiben ungenannt, was die Illusion noch verstärkt. So erlebt Trude-Darstellerin Lotte Rausch, dass Wildfremde ihr beim Einkaufsbummel mit ihrem echten Ehemann empört vorhalten: "Frau Schölermann, das hätten wir ja nicht von Ihnen gedacht! Sie haben doch so einen netten Mann – und jetzt hier mit einem Anderen!"

Anfangs müssen die Schauspieler in dem winzigen Studio in einem ehemaligen Bunker noch live agieren; Aufzeichnungen gibt es noch nicht. Jubiläen und Festtage, Arbeitssuche, Liebeskummer und Schulprobleme, später auch Wochenenden im Schrebergarten, das sind die Erlebnisse der Familie Schölermann. Politik, Religion und Sex müssen draußen bleiben.

Abgang Schölermanns – Auftritt Hesselbachs

Die Zuschauer lieben ihre Bildschirm-Nachbarn. Bis zu 90 Prozent der rund 50.000 Fernseher sind eingeschaltet, wenn die Schölermanns auf dem Programm stehen. Als die Serie 1958 eingestellt werden soll, hagelt es Proteste. Deshalb darf Familie Schölermann noch in Urlaub fahren, erst an die Ostsee, dann sogar per Schiff nach Las Palmas.

Doch nach 111 Folgen – Heinz ist inzwischen verlobt und Evchen glücklich verheiratet – verabschiedet sich die Musterfamilie 1960 endgültig von der Mattscheibe. Ihre Nachfolge tritt beim Hessischen Rundfunk die "Firma Hesselbach" an. Die Darsteller der Schölermanns geraten in Vergessenheit. Nur Sohn Heinz alias Charles Brauer macht Karriere, unter anderem als Kommissar Brockmöller im Hamburger "Tatort" neben Manfred Krug.

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