Ehrenamtlich betriebenes Arbeitslosenbüro, 1887 in Chelsea, England

17. Dezember 1894 - Erstes Arbeitsamt öffnet in Köln

Stand: 17.12.2019, 00:00 Uhr

Die koordinierte Arbeitsvermittlung beginnt in Deutschland am 17. Dezember 1894, und zwar in Köln. "Allgemeine Arbeitsnachweis-Anstalt" heißt die städtische Einrichtung damals. "Die Vermittlung der Arbeit erfolgt unentgeltlich und zwar in erster Linie für diejenigen Personen, welche in Köln ortsangehörig oder beschäftigungslos geworden sind und in Köln Arbeit suchen", heißt es in feiner Sütterlinschrift in den Original-Unterlagen.

Erstes Arbeitsamt eröffnet (am 17.12.1894)

WDR 2 Stichtag 17.12.2019 04:16 Min. Verfügbar bis 14.12.2029 WDR 2


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"Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in Köln keine geordnete Arbeitsvermittlung", erzählt Thomas Deres, Archivar beim Kölner Stadtarchiv. Zwar vermitteln die beiden großen Kirchen und auch die Gewerkschaften Stellen. "Aber dass alle zusammen an einem Strang ziehen, das gab es bisher nicht. Und das ist die Leistung der Stadt Köln: Sie hat alle Verantwortlichen in ein Boot geholt", sagt Deres.

Frauen haben bessere Vermittlungschancen

Arbeitsuchende auf dem Hof des "Berliner Lokalanzeigers", Holzstich von 1892

Schwierige Arbeitssuche in einem unübersichtlichen Arbeitsmarkt

3.000 Menschen sind zu Beginn in der "Allgemeinen Arbeitsnachweis-Anstalt" gemeldet. "Getrennt nach Frauen und Männern. Die Frauen hatten bessere Vermittlungschancen als die Männer. Und im Laufe der nächsten Jahre stieg die Zahl der Arbeitssuchenden enorm an", erklärt Thomas Deres. Vermittelt werden zunächst hauptsächlich ungelernte Arbeiter. "Erst als das Modell erfolgreich wurde und sich weitere Innungen angeschlossen haben, zum Beispiel aus den Bereichen Holz, Metall und Malerei, waren auch gelernte Arbeiter darunter", sagt Deres.

Zum ersten Mal sitzen alle an einem Tisch

Die Aktion ist keineswegs nur menschenfreundlich oder sozialpolitisch motiviert: Die Stadt Köln will damit die Arbeitslosen von den linken Parteien und Gewerkschaften fernhalten.

Dennoch gilt Köln mit dem Konzept als sozialpolitischer Pionier und ist Vorbild für andere Städte. "An dem Kölner Modell haben sich viele orientiert. Aber im Endeffekt blieb es einzigartig", sagt Thomas Deres vom Stadtarchiv.

Denn dass sich Gewerkschaften, Unternehmer, Handwerkerinnungen und die beiden großen Kirchen an einen Tisch setzen, ist Ende des 19. Jahrhunderts etwas Neues. Handwerker, Kunstgewerbler, Metallarbeiter, aber auch Vertreter der evangelischen und katholischen Arbeiterschaft raufen sich damals erstmals zusammen.

Die Gründung der Kölner "Allgemeinen Arbeitsnachweis-Anstalt" ist damit ein früher Vorbote der Sozialpartnerschaft im "Rheinischen Kapitalismus" nach dem Zweiten Weltkrieg.

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