Erschossener Wolf im Westerwald.

23. April 2012 - Polizei meldet: Wildlebender Wolf im Westerwald erschossen

Stand: 23.04.2017, 00:00 Uhr

Es geschah am Abend des 20. April 2012 im Westerwald bei Steimel-Weroth: "Peter R. ist Jagdpächter dieses Gebietes und war auf der Jagd. Er hat definitiv gedacht, dass er einen wildernden Hund vor sich hat", erklärt später der Anwalt des Hobbyjägers aus Bad Honnef. Wildernde Hunde und Katzen sind in Rheinland-Pfalz zum Abschuss freigegeben. "Deswegen hat er geschossen."

Und getroffen. Was der 71-jährige Schütze nicht bemerkt haben will. "Es hat schon gedämmert. Es ist dann nicht so leicht einen Anschuss zu finden. Er hat gedacht, dass er vorbeigeschossen hat und deshalb das Areal verlassen", erklärt der Anwalt Christian Comes. Das teilt auch die Polizei am 23. April 2012 mit, bei der sich der Jäger gestellt hat.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Tötung eines streng geschützten Tieres, dem damals vermutlich einzigen Wolf in Rheinland-Pfalz, dem ersten seit 123 Jahren. Vor Gericht wird Peter R. zu einer Geldstrafe von 3.500 Euro verurteilt. Seinen Jagdschein muss er abgeben. Der Wolf erhält den Namen Pierre-Luigi, weil er aus den italienischen Alpen eingewandert war. Ausgestopft befindet er sich heute im Naturhistorischen Museum in Mainz.

25 Wolfsrudel jagen wieder in Deutschland

Über 100 Jahre lang war der Wolf nicht in Deutschland anzutreffen, galt als ausgerottet. Inzwischen leben wieder über 25 Wolfsrudel in Nord-und Ostdeutschland, eingewandert aus Süd- und Osteuropa. "Der Wolf wurde ja nicht ausgesetzt. Er kommt auf eigenen Pfoten. Und dass er hier ankommt und bleibt, beweist, dass er in die Landschaft passt", sagt Frank Wörner, einer der Wolfsberater aus dem Westerwald, wo Pierre-Luigi starb.

"Der Wolf ist zurück – und mit ihm eine jahrhundertealte Obsession zwischen Angst und Anziehung", fasst Petra Ahne in ihrem natur- und kulturgeschichtlichen Portrait über "Wölfe" zusammen.

Der Konflikt zwischen Wolf und Mensch besteht seit 10.000 Jahren, so Ahne, seit der Zeit, als der Mensch begann, Schafe, Ziegen, Rinder und Schweine zu züchten. "Mit den Haustieren wurden Tiere sozusagen der Natur entnommen und in eine menschengemachte Ordnung überführt. Natur wurde zunehmend zu dem, was hinter den Gärten, Feldern und Weiden lag – und der Wolf zum Störfaktor, der, indem er die Nutztiere riss, diese Grenze durchbrach", schreibt Petra Ahne.

Weil er dem Menschen hin und wieder in die Quere kommt, stellt der Mensch den Wolf auf die dunkle, unheimliche Seite. In Geschichten wie dem "Rotkäppchen" der Gebrüder Grimm, dem "Wolf und die sieben Geißlein" oder in Erzählungen aus dem Werwolf-Genre steht das Tier für die unkontrollierbare Natur – im Gegensatz zur geordneten Gesellschaft.

Naturschützer versuchen nun, das heftig aufgeladene Image des Wolfes zurechtzurücken. "Der Wolf ist nicht diese blutrünstige Bestie, die über Kinder herfällt. Es ist ein Tier, das viel Scheu vor dem Menschen hat – weil der Wolf keinen Wert auf Kontakt legt", erklärt Harald Martens vom Bundesamt für Naturschutz.

Staat subventioniert Schutzzäune und Hunde

Wenn Wölfe Nutztiere reißen, greifen Wolfmanagement-Pläne: Notfalltelefon-Hotlines wurden in vielen Bundesländern eingerichtet, Tierhalter werden entschädigt, mobile Elektro-Schutzzäune und Hunde subventioniert.

Wer dennoch Angst hat vor dem Wolf, dem sagt Petra Ahne: "Manchmal töten Wölfe Menschen. Es ist trotzdem sicher, im Wald spazieren zu gehen. Mehr Eindeutigkeit ist nicht zu haben."

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