Hellseher Erik Jan Hanussen, schwarz/weiss Foto von 1933.

24. März 1933 - Erik Jan Hanussen wird ermordet

Stand: 24.03.2018, 00:00 Uhr

Hellseher, Wünschelrutengänger, Gedankenleser - Erik Jan Hanussen gilt in den 1920er Jahren als Meister des Okkulten. Er füllt Hallen in Europa und den USA. Selbst die Polizei bittet ihn um seine Dienste bei der Aufklärung von Verbrechen.

Geboren wird Hanussen am 2. Juni 1889 in Ottakring, einem Wiener Vorort. Mit 14 beendet er die Schule, verlässt das arme Elternhaus und landet beim Zirkus. Immer mehr interessiert ihn Telepathie: "Bekanntlich ist es möglich, durch Gedankenübertragung etwas zu erraten, wenn die Person, deren Gedanken man erraten will, konzentriert an das zu Erratende denkt."

Erik Jan Hanussen, Hellseher (Todestag 24.03.1933)

WDR 2 Stichtag 24.03.2018 04:15 Min. Verfügbar bis 21.03.2028 WDR 2


Download

Mit Tricks und Assistenten

Hanussen hat damit Erfolg - allerdings nicht dank übersinnlicher Fähigkeiten, sondern durch einen Trick: das sogenannte Muskellesen. "Das beruhte alles auf unwillkürlichen Muskelbewegungen und auf psychologischen Einschätzungen", sagt Wilfried Kugel, Verfasser einer Hanussen-Biografie. Zudem hätten dessen Assistenten während der Veranstaltungspausen möglichst viel über das Publikum in Erfahrung gebracht.

Hanussen sieht in seinem Vorgehen nichts Verwerfliches: "Was ist Magie? Die Menschen in dem geliebten Glauben an das Wunderbare nicht zu stören, sondern zu bestärken." Er verdient damit Millionen, leistet sich teure Autos und eine Motorjacht, auf der er Orgien feiert.

Unterstützung für Hitler

Anfang der 1930er Jahre schlägt sich Hanussen demonstrativ auf die Seite der NSDAP. "Regierung an Hitler", fordert er. Zugleich zahlt der sogenannte Hellseher Spitzel, die ihm das Neueste aus Partei und SA übermitteln - für seine Voraussagen.

"Angeblich soll Hitler Hanussen versprochen haben, im Fall seiner Machtübernahme eine Hochschule für Okkultismus zu errichten", sagt Buchautor Kugel. Hanussen selbst soll 1933 in die NSDAP eingetreten sein.

Von hinten exekutiert

Seinen wirklichen Namen hält Hanussen lange geheim. Er heißt Hermann Steinschneider und ist Jude. Doch das wird nun öffentlich, mit tödlichen Folgen. Am frühen Abend des 24. März 1933 wird Hanussen verhaftet, bei ihm werden Schuldscheine sichergestellt. Viele SA-Männer haben sich bei ihm Geld geliehen. Nach seiner Befragung wird Hanussen entlassen - und anschließend von einem SA-Kommando mit drei Schüssen von hinten exekutiert.

Seine von Tieren angefressene Leiche wird zwei Wochen später von Straßenarbeitern in einem Berliner Waldstück gefunden. Die Mörder werden nie zur Rechenschaft gezogen.

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 24. März 2018 ebenfalls an Erik Jan Hanussen. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

Stichtag am 25.03.2018: Vor 65 Jahren: Bundestag verabschiedet Bundesvertriebenengesetz