Für die 29-jährige Wienerin ist es eine unbeschwerte Party an der Bar eines Fünf-Sterne-Hotels in Dubai. Irgendwann in dieser Nacht zum 1. Dezember 2013 folgt sie einem jungen Bankier aus dem Jemen in die Tiefgarage. Im Auto des Zufallsfreundes haben die beiden Sex – zunächst einvernehmlich.
Als die Frau das Rendezvous aber beenden will, wird sie von dem Mann brutal vergewaltigt. So schildert die junge Österreicherin das Ende jener Nacht, als sie bei der Polizei Anzeige erstattet. Der Jemenite bestreitet jede Gewaltanwendung. Daraufhin muss die Frau ihren Pass abgeben und wird festgenommen – wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs.
Demütigung weiblicher Opfer
Dubai am Persischen Golf gehört zu den feudalen Hochburgen des Luxustourismus. Nach außen bemüht sich das Emirat um eine moderne, allem Westlichen gegenüber offene Ausstrahlung. Doch in vielen Bereichen gelten die rigiden Vorschriften des islamischen Rechts. Alkoholkonsum wird streng geahndet, bei außerehelichem Sex drohen der Frau Peitschenhiebe, lange Haft oder sogar der Tod durch Steinigung.
Als Muslimin kann die junge Wienerin kaum mit Gnade rechnen. Ungewöhnlich ist ihr Fall nicht. Auch nichtmuslimische Touristinnen landen immer wieder als Vergewaltigungsopfer im Gefängnis, so wie 2016 eine 22-jährige Niederländerin in Katar. Drei Jahre zuvor verurteilte ein Gericht in Dubai eine Norwegerin zu 16 Monaten Haft. Eine Australierin saß 2008 acht Monate im Gefängnis.
Viele Vergewaltigungen werden gar nicht bekannt. Denn eine Tat erfolgreich zur Anklage zu bringen, ist nach islamischem Recht für Frauen demütigend und fast unmöglich. Vier Männer müssen das Verbrechen bezeugen. "Schuld sind immer die Frauen", klagt die iranischstämmige Menschenrechtsaktivistin Mina Ahadi. "Deshalb versuchen sie zu schweigen und nicht darüber zu reden."
Außenminister erreicht Freilassung
Von der Österreicherin verlangen die Behörden, ihren Peiniger zu heiraten, um einer Bestrafung zu entgehen. Der Fall erregt in ihrer Heimat immenses Aufsehen. Der Minister stehe mit den Emiraten in Kontakt, teilt das österreichische Außenamt mit. Man habe ein hochrangiges Krisenteam nach Dubai geschickt.
Ende Januar 2014 geht der Albtraum für die 29-Jährige einigermaßen glimpflich zu Ende. Sie darf ihren Hausarrest verlassen und die Heimreise antreten. In Abwesenheit wird sie wegen unsittlichen Verhaltens und verbotenen Alkoholkonsums zu vier Monaten Haft verurteilt. Der von ihr beschuldigte Banker erhält zwei Monate Haft.
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