Unerschrocken, stimmgewaltig und mit seinen 1,99 Meter Körpergröße hünenhaft - so erinnern sich Zeitzeugen an den katholischen Theologen Clemens August Graf von Galen. Er wird 1933 zum Bischof von Münster geweiht und erhält später den Beinamen "Löwe von Münster" - wegen seines kirchlichen Widerstandes gegen das NS-Regime.
Von Galen stammt aus dem westfälischen Uradel und wird am 16. März 1878 im Oldenburger Münsterland geboren. Er ist nationalkonservativ, ein Gegner der Weimarer Republik und vertritt ein striktes Obrigkeitsdenken. Für ihn gilt aber: "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen."
Gegen Klosterschließungen
1934 kritisiert Bischof von Galen die Nazis zum ersten Mal von der Kanzel. Er lehnt das "Neuheidentum" des NS-Ideologen Alfred Rosenberg ab, der statt des Christentums eine deutsche religiöse Bewegung installieren will.
Im Sommer 1941 hält der Bischof zwei Predigten gegen den "Klostersturm". Die Gestapo hatte begonnen, Ordenshäuser gewaltsam zu schließen – unter dem Vorwand, das seien Orte der Staatsfeindlichkeit.
Gegen "Euthanasie"
Im August 1941 folgt die sogenannte Euthanasiepredigt. "Euthanasie" nennen die Nazis zynisch ihr Mordprogramm an Behinderten. Euthanatos bedeutet im Griechischen "schöner Tod". Bei der "Aktion T4" werden die Opfer zunächst vergiftet und mit Injektionen getötet. Anfang 1940 folgt die Ermordung in Gaskammern.
Trotz Geheimhaltung sickern Details durch. Galen erstattet bei der Staatsanwaltschaft und dem Polizeipräsidium Münster Anzeige wegen Mordes. "Wenn man den Grundsatz aufstellt und anwendet, dass man den unproduktiven Mitmenschen töten darf, dann wehe uns allen, wenn wir alt und altersschwach werden", predigt Bischof von Galen. "Wehe unseren braven Soldaten, die als Kriegsverletzte" zurückkehren.
Beliebtheit als Schutz
Der Bischof versteht seinen Protest nicht als politischen Widerstand: "Wir Christen machen keine Revolution." Seine Botschaft hat dennoch ein großes Echo. Gläubige demonstrieren in überfüllten Kirchen und auf Prozessionen ihre Solidarität. Die "New York Times" druckt seine Predigten, die Alliierten werfen sie als Flugblätter über Deutschland ab.
Seine Beliebtheit schützt ihn vor einer Verhaftung. Das Regime kann an der "Heimatfront" keine Unruhe brauchen. Der Bischof soll nach dem "Endsieg" gehängt werden. Dazu kommt es nicht: Von Galen wird im Februar 1946 zum Kardinal geweiht. Doch nur wenige Tage nach seiner Rückkehr aus Rom stirbt der 68-Jährige am 22. März 1946 nach einem Blinddarmdurchbruch.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 22. März 2021 ebenfalls an Bischof Graf von Galen. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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