Wachkomapatientin Terri Schiavo in ihrem Bett

Stichtag

18. März 2005 - Künstliche Ernährung von Terri Schiavo eingestellt

Florida, 25. Februar 1990: Das Herz von Theresa ("Terri") Marie Schiavo bleibt stehen. Grund ist ein akuter Kaliummangel, der vermutlich auf eine Essstörung zurückzuführen ist. Der minutenlange Sauerstoffmangel bis zur Wiederbelebung hinterlässt schwere Hirnschäden. Die 26-jährige Amerikanerin fällt in ein Wachkoma.

Jahrelang sucht Ehemann Michael Schiavo, der zum Vormund bestimmt worden ist, nach einer geeigneten Therapie für seine Frau. Doch keine scheint anzuschlagen. Nach vier Jahren kapituliert er: "Wir waren an einem Punkt, an dem Terri zu nichts mehr in der Lage war. Die Ärzte haben uns ganz klar gesagt: 'Wir können nichts mehr für sie tun.'" Terris Großhirnrinde funktioniert nicht mehr. Das ist der Bereich, in dem das Denken stattfindet und Wahrnehmungen entstehen - das Bewusstsein. Das intakte Stammhirn hält sie am Leben, indem es Atmung und Kreislauf regelt. Weil er die Hoffnung auf eine Veränderung aufgegeben hat, beantragt Michael Schiavo im Mai 1998 bei Gericht, die künstliche Ernährung seiner Frau zu beenden. Sie habe niemals in einem solchen Zustand leben wollen.

US-Präsident Bush schaltet sich ein

Damit beginnt eine fast siebenjährige juristische Auseinandersetzung. Denn die Eltern von Terri, Mary und Bob Schindler, wollen ihre Tochter nicht verlieren. Als strenggläubige Katholiken lehnen sie jede Sterbehilfe ab und klagen gegen jeden Beschluss, der die Beendigung der künstlichen Ernährung erlaubt. Mehrmals entfernen die Ärzte im Hospiz von Pinellas Park Terris Magensonde, um sie wenig später wieder einzusetzen - je nachdem, welches Gerichtsurteil gerade gültig ist. Schließlich wenden sich Terri Schiavos Eltern an Floridas Parlament. Es ermächtigt 2003 den Gouverneur von Florida, den Republikaner Jeb Bush, in einem Sondergesetz anzuordnen, die Frau zu ernähren. Das oberste Gericht von Florida erklärt das Gesetz jedoch für verfassungswidrig.

Ende Februar 2005 entscheidet daraufhin ein Gericht den Stopp der künstlichen Ernährung für den 18. März 2005. Als die Frist schon überschritten ist, schaltet sich auch der Bruder von Jeb Bush ein: US-Präsident George W. Bush. Er unterbricht seinen Osterurlaub, um in Washington zu sein, wenn sich der Kongress in einer nächtlichen Sondersitzung mit dem Fall befasst. Die Demokraten teilen vorwiegend die Auffassung des Ehemannes, die Republikaner stehen eindeutig auf der Seite der Eltern. Nach einer dreistündigen Debatte verabschieden die Abgeordneten mit großer Mehrheit ein Gesetz, mit dessen Hilfe der Fall an das Bundesgericht verwiesen werden kann - wie es die Eltern verlangen. Präsident Bush lässt sich um zwei Uhr morgens wecken, um das Gesetz zu unterschreiben.

Papst-Appell bleibt wirkungslos

Der angerufene Bundesrichter in Florida jedoch entscheidet, dass die ausgesetzte künstliche Ernährung nicht wieder aufgenommen wird. Eine Berufung der Eltern gegen dieses Urteil bleibt erfolglos. Auch ein bereits 2004 veröffentlichter Appell von Papst Johannes Paul II. verändert die juristische Lage nicht mehr. Er hatte angemahnt "strengstens das Prinzip medizinischer Arbeit zu wahren: wenn möglich zu heilen und immer zu pflegen."

Nach zwei Wochen ohne Nahrung endet Terri Schiavos Leben am 31. März 2005 - nach 41 Jahren, 107 Tagen, neun Stunden und vier Minuten. Der Anwalt von Michael Schiavo sagt am Todestag: "Sie hatte das Recht, friedlich zu sterben, in einer liebevollen Umgebung, in Würde." Terri Schiavos Bruder Bobby Schindler hingegen meint: "Es war uns nicht wichtig, dass Terri sich vielleicht nie wieder erholen würde. Wir haben sie bedingungslos geliebt, so wie sie war."

Stand: 18.03.2015

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