Original einer Schnitzer-Felge (l.) und Fälschung einer Essener Firma im Museum Plagiarius in Solingen (Aufnahme von 2014)

Stichtag

7. März 1990 - Gesetz gegen Produktpiraterie veröffentlicht

"So wenig die Piraten auf hoher See und in Küstengewässern Kavaliere waren, so wenig sind es die Produktpiraten", sagt Reinhold Kreile, CSU-Abgeordneter und Urheberrechtsexperte, am 14. Dezember 1989 im Bundestag. "Sie beuten fremdes geistiges Eigentum aus, sie ahmen nach, was ihnen nicht gehört, stehlen anderer Leute geistiges Vermögen." So begründet Professor Kreile den von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf zum "Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie".

Viel Überzeugungsarbeit muss er nicht leisten: In der anschließenden Abstimmung verabschieden die Abgeordneten das Gesetz bei nur einer Gegenstimme. Es wird am 7. März 1990 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt am 1. Juli desselben Jahres in Kraft. Nun drohen bis zu drei Jahre Gefängnis bei einfachen Verletzungen der Urheber- oder Markenrechte und bis zu fünf Jahre bei gewerbsmäßigem Handel mit Plagiaten.

Justizminister: "Vorbild für andere Länder"

"Mit dem Instrumentarium dieses Gesetzes", erklärt der damalige Bundesjustizminister Hans A. Engelhard (FDP), "kann die Bundesregierung eine Vorreiter-Rolle im Kampf gegen die Produktpiraterie übernehmen." Das Gesetz habe Vorbild-Charakter für andere Länder.

Schon lange wünscht sich die deutsche Industrie eine solche Regelung. Denn immer häufiger werden Markenprodukte nachgeahmt. Seit Mitte der 1980er Jahre hat das Geschäft mit Fälschungen erheblich zugenommen. Gleichzeitig wird die Qualität der Kopien immer besser und dieser Trend geht auch weiter, als das Gesetz gegen Produktpiraterie längst gilt. Oft kann ein Laie Original und Fälschung kaum noch unterscheiden. "Dazu kommt, dass das Angebot breiter geworden ist", sagt Volker Bartels, Vorsitzender des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM). "Früher wurden wirklich nur Großserienprodukte kopiert. Heute trifft es auch zu für Kleinserien, Sonderprodukte, Spezialitäten." Der APM ist eine 1997 gegründete Gemeinschaftsinitiative des DIHK, des BDI und des Markenverbandes.

Strafen, Beschlagnahmung, Auskunftsanspruch

Das Geschäft mit Plagiaten floriert weltweit. Denn nicht überall gilt er als Delikt. "In manchen Ländern ist Produkt- und Markenpiraterie gar nicht strafbar, in anderen hapert es an Grenzkontrollen", schreibt der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft 2013. Der Handel läuft vielfach über das Internet. Dort gibt es eine Vielzahl von Online-Shops, die sich kaum vom Original-Webauftritt der Markenhersteller unterscheiden. Spitzenreiter beim Kopieren und Fälschen sind laut APM Betriebe in China. Kopierte Autoersatzteile kämen oft aus Polen, gefälschte Medikamente würden häufig in Indien produziert. Aber auch in Deutschland wird gefälscht: Im Museum Plagiarius in Solingen ist zum Beispiel das Original einer Leichtbau-Felge neben der Fälschung einer Essener Firma ausgestellt.

Laut OECD-Schätzung von 2009 entstehen durch Plagiate jedes Jahr ein Schaden von weltweit 250 Milliarden US-Dollar. Im selben Jahr hatte das Bundeswirtschaftsministerium für die deutsche Wirtschaft einen Schaden zwischen 40 und 50 Milliarden Euro jährlich ermittelt. Das Gesetz gegen Produktpiraterie setzt bei der Bekämpfung der Delikte nicht nur auf harte Strafen, sondern zusätzlich auf zwei weitere Elemente. Dazu gehört die Beschlagnahmung der gefälschten Ware: Während 1995 gerade einmal 500 Plagiate beim Zoll aufflogen, sind es 2013 immerhin 26.000. Auch der Anspruch der Hersteller, über den erwischten Produktpiraten Auskunft zu erhalten, hat sich offenbar bewährt. Denn damit besteht die Möglichkeit, gegen den Fälscher vorzugehen.

Stand: 07.03.2015

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