Hafiz al-Assad (syrischer Präsident 1971 bis 2000)

Stichtag

10. Juni 2000 - Hafiz al-Assad stirbt in Damaskus

Seine Karriere beginnt ganz unten: Hafiz al-Assad wird am 6. Oktober 1930 als neuntes Kind einer armen Bauernfamilie in einem Dorf nahe der syrischen Hafenstadt Latakia geboren. Seine Eltern sind Alawiten; eine Religionsgemeinschaft, der nur rund zehn Prozent der Syrer angehören. Ihnen wird der Zugang zu wichtigen Staatsposten verwehrt, weil sie den syrischen Sunniten als Ketzer des Islams gelten. Lediglich die Militärlaufbahn steht der religiösen Minderheit offen. Deshalb wird Assad nach dem Abitur Kampfpilot. Er steigt nicht nur zum Oberbefehlshaber der Luftwaffe auf, sondern auch in die Führung der regierenden Baath-Partei.

1967 ist Assad bereits Verteidigungsminister - und erlebt ein Fiasko. Im Sechs-Tage-Krieg erobert Israel die strategisch wichtigen Golan-Höhen. Das schwächt zwar vorübergehend Assads Position, aber in innerparteilichen Kämpfen schaltet er nach und nach seine Rivalen aus, bis er sich im November 1970 an die Macht putscht. Der 40-Jährige übernimmt die Führung der Regierung und wird Generalsekretär der panarabisch-sozialistischen Baath-Partei. Nach ungeheurer Propaganda wählen ihn die Syrer im Februar 1971 zu ihrem Präsidenten. Gleichzeitig wird er auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte.

Gegen Israel und jede Opposition

Assad sichert innenpolitisch seine Macht ab und rüstet massiv auf: Die DDR liefert das Know-how für den Aufbau eines Geheimdienstes, die Sowjetunion die Waffen. 1976 marschieren syrische Truppen in den von einem Bürgerkrieg erschütterten Libanon ein. Als Begründung dient ihm sein arabischer Nationalismus: "Im Libanon gibt es nur eine einzige ausländische Armee, nämlich jene Israels", so Assad. "Die Syrer und die Libanesen sind ein Volk, sie sind Araber." Auch die Palästinenser instrumentalisiert er als politischen Spielball: Er nimmt zwar rund 300.000 Flüchtlinge auf, lässt sie aber nicht siedeln, sondern steckt sie in Lager und fördert palästinensische Terrorkommandos.

Im Inland wird Assad von der islamistischen Opposition der sunnitischen Muslimbrüder bedrängt. Sie wollen aus Syrien einen Gottesstaat machen. 1980 eskaliert die Situation. Nach zahlreichen Bombenanschlägen und Attentatsversuchen holt Assad zum Gegenschlag aus. 1982 lässt er die Islamisten-Hochburg Hama bombardieren. Seine Armee verübt anschließend ein Massaker. Bis zu 30.000 Menschen sollen innerhalb weniger Tage getötet worden sein. Assad schaltet jede Opposition aus. Es herrscht Zensur. Auch wenn ausländische Fernsehteams drehen, sind staatliche Aufpasser dabei.

Distanziert sich von arabischen Staaten

Obwohl Syrien nur 14 Millionen Einwohner hat, will Assad das Land zur tonangebenden arabischen Nation machen. Doch seinen Führungsanspruch kann er nicht wie gewünscht durchsetzen. Der ägyptische Präsident Anwar el Sadat vereinbart zum Beispiel 1979 mit Syriens Erzfeind Israel einen Friedensvertrag. Dadurch sieht sich Assad gezwungen die diplomatischen Beziehungen zu Ägypten abzubrechen. Im selben Jahr schlägt zudem seine angestrebte Allianz mit dem Irak nach dem Machtantritt von Saddam Hussein in erbitterte Konkurrenz um. Das Resultat: Assad unterstützt im Ersten Golfkrieg von 1980 bis 1988 den Iran.

Als Saddam Hussein 1990 Kuwait besetzt, stellt sich Assad im Zweiten Golfkrieg sogar auf die Seite der USA, um seinen ungeliebten irakischen Nachbarn loszuwerden. Nach dem Friedensschluss zwischen Jordanien und Israel 1994 distanziert sich der syrische Präsident auch von Jordanien. Als PLO-Chef Jassir Arafat mit dem Oslo-Prozess 1993 Friedensgespräche aufnimmt, wird auch er für Assad ein Verräter der arabischen Sache. Hafiz al-Assad, der herzkrank ist und an Diabetes leidet, stirbt am 10. Juni 2000 im Alter von 69 Jahren in Damaskus an Herzversagen. Sein Nachfolger wird sein Sohn Baschar, der die Politik seines Vaters fortsetzt: Im 2011 beginnenden Arabischen Frühling lässt er gewaltfreie Demonstranten zusammenschießen, in Aleppo bombardiert die syrische Luftwaffe ganze Wohnviertel. Die drittgrößte Stadt Syriens, die Protesthochburg Homs, ist nach zweijähriger Belagerung und Bombardierung durch Truppen des Regimes fast völlig zerstört.

Stand: 10.06.2015

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