Torwart Gregor Kobel bei der Schweizer Nationalmannschaft

Gregor Kobel - unaufhaltsam, außer in der "Nati"

Stand: 08.06.2024, 19:31 Uhr

In der Bundesliga gehört Gregor Kobel zu den Top-Torhüterin. Bei der Euro 2024 ist der Schlussmann von Borussia Dortmund aber nur die Nummer zwei der Schweiz. Trotzdem hat er große Ziele.

Von Dirk Burkhardt

Eigentlich könnte die Euro 2024 der Höhepunkt einer ganz starken Saison von Gregor Kobel sein. In der Bundesliga war er einer der besten Torhüter. Mit Borussia Dortmund stand er im Finale der Champions League und war mit sechs Spielen ohne Gegentor der Schlussmann mit den meisten Zu-null-Spielen in der "Königsklasse".

Fehlt nur noch eine tolle EM mit der Schweiz. Eigentlich. Aber schon seit Dezember 2023 weiß Kobel, dass er im Normalfall auf dem Platz nicht viel zu einer erfolgreichen Europameisterschaft wird beitragen können. So früh entschied sich nämlich Nationaltrainer Murat Yakin für Yann Sommer und gegen Gregor Kobel als Nummer eins.

Teamgedanke zählt für die Nummer zwei

"Ich würde mir wünschen, dass Kobel bei der EM für die Schweiz im Tor stehen wird. Für mich ist er der beste Torhüter, den dieses Land zu bieten hat", versuchte BVB-Sportchef Sebastian Kehl für seinen Torwart eine Lanze zu brechen. Doch natürlich hat das nichts an der Entscheidung des Schweizer Nationaltrainers geändert.

So wird Kobel wie bei der EM 2020 und bis auf eine Spiel auch bei der WM 2022 sein Team von der Bank aus unterstützen. Dass er voll dabei sein wird, daran wird es keinen Zweifel geben. "Fußball ist ein Teamsport“, weiß der 26-Jährige.

Zürich, Hoffenheim, Augsburg, Stuttgart, Dortmund

Meinungsstark, teamorientiert, konstant leistungsstark, so hat sich Kobel seit seinem Wechsel 2021 für 15 Millionen Euro vom VfB Stuttgart zu Borussia Dortmund schnell in der Teamhierarchie der Schwarz-Gelben hochgearbeitet. Diese Zielstrebigkeit lässt sich auch an seiner Laufbahn ablesen.

Mit 16 Jahren wechselte der Sohn eines ehemaligen Schweizer Eishockeyprofis von den Grasshoppers Zürich ins Nachwuchs-Leistungszentrum von 1899 Hoffenheim. Kobel brach dafür 2014 die Schullaufbahn ab und ging ohne Familienanschluss ins Ausland. Doch der ungewöhnliche Schritt funktionierte.

Spaß in der Provinz

"Bei Hoffenheim hatten wir einige junge Spieler, die allein waren", blickte er gegenüber der "Neuen Züricher Zeitung" (NZZ) auf seine Anfänge in Deutschland zurück, "und weil es keine größere Stadt in der Umgebung gibt, waren wir oft zusammen. Das war eine coole Zeit."

Über den Hoffenheimer Nachwuchs und die Regionalliga-Mannschaft kam er als Leihspieler beim FC Augsburg und dem VfB Stuttgart ab 2019 zu ersten Profi-Einsätzen. In Stuttgart etablierte sich der 1,96-Meter-Mann erstmals als Nummer eins und schaffte 2020 mit den Schwaben den Bundesliga-Aufstieg.

Fitnessstudio und Mentalcoach

Dann folgte der Wechsel nach Dortmund. Kobel arbeitete hart weiter, auch in seinem hauseigenen Fitnessstudio und mit einem privaten Mentalcoach. "Als Fußballprofi hat man die Verpflichtung, alles dafür zu tun, fit zu sein", erklärte er dazu der NZZ.

Im Verein lohnte sich der Aufwand für Kobel. Vizemeisterschaft, Champions-League-Finale - sein Aufstieg ging bis in die internationale Spitze. Nur eben in der Nationalelf nicht. Seit seinem Debüt im September 2021 in einem Test gegen Griechenland kam Kobel auf gerade einmal fünf Einsätze.

"Als Fußballprofi hat man die Verpflichtung, alles dafür zu tun, fit zu sein" Gregor Kobel

Sommer, immer wieder Sommer

Bisher gab es keinen Weg vorbei am neun Jahre älteren Routinier Sommer von Inter Mailand. Aber Kobel nimmt seine Rolle an und traut der Schweiz bei der Euro 2024 auch einiges zu: "An einem starken Tag kann die Schweiz auch gegen ausgezeichnet besetzte Nationen wie Frankreich, England oder Deutschland bestehen. Das haben wir bei der letzten EM im Achtelfinale gegen den damaligen Weltmeister Frankreich gesehen."

Damals gewannen die Eidgenossen mit 8:7 nach Elfmeterschießen. Der Held hieß Sommer. Kobel jubelte von der Bank aus mit. So wird es auch dieses Mal im besten Fall sein, wenn die Schweiz bei der Euro 2024 gegen Ungarn (15. Juni), Schottland (19. Juni) und zum Gruppenfinale Gastgeber Deutschland (23. Juni) die K.o.-Runde anpeilt.