Ewald Lienen

Ewald Lienen ist 70 - "Der Fußball hat mich gerettet"

Stand: 28.11.2023, 22:37 Uhr

Ewald Lienen, langjähriger Fußball-Profi, Trainer und Funktionär wurde am Dienstag 70 Jahre alt. Der gebürtige Ostwestfale hat eine bewegende Karriere hinter sich.

Von Jakob Halbfas

Bielefelder Ikone, Weltenbummler und der etwas andere Fußball-Profi. Ewald Lienen hat so einiges erlebt in seiner Karriere im Profifußball. Als Spieler, Trainer, Funktionär und als Mensch.

"Erst kommt meine Frau, dann kommen meine Kinder und dann kommt auch schon der Fußball", hat Lienen einmal im Podcast "Ball you Need is love" gesagt. Fußball sei für ihn schon früh ein ganz wichtiger Bestandteil gewesen. "Der Fußball hat mich in meiner Kindheit gerettet, weil ich meine Mutter früh verloren habe und mein Vater gar nicht wusste, wie er sich als Vater verhalten soll. Dort habe ich eine zweite Familie gefunden."

Ewald Lienen - Der Fußball hat eine Verpflichtung voranzugehen

Ball you need is love – aus Liebe zum Fußball 13.10.2022 01:00:38 Std. Verfügbar bis 13.10.2024 WDR Online


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Lienen kommt erst spät zum Profi-Fußball

"Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ich mal Teil dieses großen Fußballs werden könnte. Da habe ich nicht drüber nachgedacht." Ewald Lienen

Geboren und aufgewachsen im Bielefelder Raum fand Lienen erst spät den Weg in den Profifußball. "Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ich mal Teil dieses großen Fußballs werden könnte. Da habe ich nicht drüber nachgedacht." In der Jugend spielte Lienen zehn Jahre beim VfB Schloß Holte. Ein erstes Angebot von einem Profi-Verein bekam Lienen mit 16 Jahren.

"Da wollte mich Hansi Büttner, der damalige Geschäftsführer von Arminia Bielefeld, mit einem Moped locken." Für Lienen war Bielefeld damals jedoch noch kein Thema. "Ich fand das komplett abwegig. Dass ich aus meinem Dorf weggehe und woanders Fußball spiele, das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen." Und so spielte er auch im Seniorenbereich noch zwei Jahre für seinen Heimatverein.

Lokalzeit OWL | 27.11.2023

Lokalzeit OWL 27.11.2023 29:18 Min. Verfügbar bis 27.11.2025 WDR

Grobes Foul an Lienen wird weltberühmt

Als Bielefeld zum zweiten Mal anklopfte, diesmal mit einem richtigen Vertrag, wagte Lienen den Schritt zum damaligen Zweitligisten. Sein Bundesliga-Debüt feierte er drei Jahre später, nach dem verpassten Aufstieg mit der Arminia, bei Borussia Mönchengladbach. Wieder zurück in Bielefeld sorgte Lienen 1981 unfreiwillig für eines der bekanntesten Sportfotos der Bundesliga-Geschichte.

Im Spiel gegen Werder Bremen schlitzte Werders Norbert Siegmann mit seinen Stollen Lienens Bein auf. Am rechten Oberschenkel klaffte eine 25 Zentimeter lange und fünf Zentimeter tiefe Fleischwunde. "Das ist einfach nur ein Schock, das eigene Bein offen zu sehen", sagte Lienen später.

Ebenso bekannt ist wie Lienen nur wenige Sekunden nach dem Foul humpelnd auf Bremens Trainer Otto Rehhagel zulief. Rehhagel soll Siegmann lautstark zu dem Foul aufgefordert haben. Lienen nutzte die Aufmerksamkeit und machte auf die teilweise brutale Spielweise in der Bundesliga aufmerksam. Siegmann verklagte er wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Ewald Lienen - der untypische Fußballprofi

Und auch sonst sorgte der etwas andere Fußballprofi Lienen neben dem Platz für Aufsehen. Lienen nahm an Friedensdemos teil und trat 1985 in Nordrhein-Westfalen im Wahlkampf für die linke Friedensliste an. Mit dem kommerziellen Fußballgeschäft freundete sich Lienen nie so richtig an.

"Das Fußballspielen wird hierzulande total überbewertet, Fußballspieler werden entsprechend total überbewertet. Wir werden zu Halbgöttern gemacht und viele Fußballspieler glauben dann noch tatsächlich, dass sie Halbgötter sind", sagte Lienen in den 80ern. "Von deinem Bäcker holst du dir doch auch kein Autogramm."

Dennoch blieb Lienen bis in die 90er Profispieler. Seine aktive Karriere als Spieler beendete er mit 39 Jahren beim MSV Duisburg. Schon während seiner aktiven Zeit schloss Lienen seine Ausbildung zum Fußballtrainer ab - mit Bestnote. Von 1989 bis 1993 trainierte er Duisburgs Amateure, ehe er im März 1993 die erste Mannschaft des MSV übernahm.

Zusammen mit Jupp Heynckes in Teneriffa

Jupp Heynckes (l.) und Ewald Lienen

Jupp Heynckes (l.) und Ewald Lienen

Als Co-Trainer beim CD Teneriffa lernte Lienen 1995 für zwei Jahre bei Jupp Heynckes, ehe er für fünf Jahre nach Deutschland zurückkehrte und Hansa Rostock und den 1. FC Köln trainierte. Lienen wurde eine feste Trainer-Größe in Deutschlands beiden höchsten Spielklassen.

"Erfolgreicher kann man nicht sein, als wenn man in einem Verein, der absteigen will kurz vor Schluss entlassen wird weil der Klassenerhalt droht." Ewald Lienen

Nach Stationen in Mönchengladbach und Hannover zog es Lienen erstmals nach Griechenland. Von 2006 bis 2008 trainierte er Panionios Athen, später noch Olympiakos Piräus und AEK Athen. Über seine Zeit bei AEK sagt Linen: "Die ganze Situation war abenteuerlich." Der Verein habe 80 Prozent der Spielergehälter nicht bezahlen können und die Zweitklassigkeit angestrebt. "Erfolgreicher kann man nicht sein, als wenn man in einem Verein, der absteigen will kurz vor Schluss entlassen wird weil der Klassenerhalt droht."

Ewald Lienen als Trainer bei AEK Athen

Ewald Lienen als Trainer bei AEK Athen

Über seine Zeit in Griechenland spricht Ewald Lienen in der WDR-Doku "Ewald Lienen - Eine griechische Tragödie" (Mittwoch, 23:15 Uhr im WDR Fernsehen).

Seine Trainerkarriere beendete Lienen 2017 beim FC St. Pauli, für den er im Anschluss als Technischer Direktor und Klubrepräsentant im Amt blieb. Lienen kümmerte sich um Nachhaltigkeitsaspekte und noch heute ist er Klimabotschafter seines Heimatkreises Lippe.