Erlebte Geschichten

Doppelfolge: Menschen mit Radiostimmen erinnern sich: Richard Baier, letzter Sprecher des "Großdeutschen Rundfunks" Carola Stern, Hörfunkkommentatorin in den 1970er und 1980er Jahren

Stand: 12.09.2023, 17:28 Uhr

Ende Oktober feiert das Radio in Deutschland einen runden Geburtstag: Am 29. Oktober 1923 wurde vom Vox-Haus Berlin aus das erste Unterhaltungsprogramm live gesendet. Aus diesem Anlass sind in den kommenden Wochen die Erlebten Geschichten von Menschen zu hören, die zu ihrer Zeit Radioprogramm gestalteten oder sogar Rundfunkgeschichte schrieben.

Richard Baier, 1926 in Kassel geboren, war der jüngste und auch der letzte Sprecher des "Großdeutschen Rundfunks". Bereits mit 17 Jahren hatte er beim Rundfunk Berlin begonnen, Nachrichten zu sprechen. Bis zuletzt hatte er die unsinnigen Durchhalteparolen der NS-Propaganda zu verlesen und war, wie er heute sagt, gar nicht einmal unglücklich darüber: Denn die Arbeit beim Rundfunk bot eine Chance, den Krieg zu überleben. Wer dort arbeitete, musste nicht an die Front.

Nach dem Krieg, in den 1950er Jahren, arbeitete Richard Baier für den RIAS und lebte in Ostberlin. In Zusammenhang mit seiner Berichterstattung über den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 geriet er in den Blick des Staatssicherheitsdienstes. 1955 wurde er festgenommen und in der DDR zu 13 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach sechs Jahren kam er frei. Später engagierte er sich in der DDR-Bürgerrechtsbewegung.

Carola Stern | Bildquelle: dpa / Fotograf: Jörg Carstensen

Carola Stern, die 1925 auf Usedom geboren wurde und 2006 in Berlin starb, war in den 1970er und 80er Jahren eine prominente Kommentatorin des WDR-Hörfunks. Sie hat wesentliche Entwicklungen der deutschen Zeitgeschichte im 20. Jahrhundert miterlebt: Aufgewachsen im NS-Staat war sie begeistertes Mitglied im BDM. Nach dem Krieg arbeitete sie einige Jahre für den US-amerikanischen Geheimdienst als Agentin in Ostberlin und floh schließlich nach Westdeutschland. 1961 gründete sie mit einigen Kollegen die deutsche Sektion von "Amnesty International". Als Journalistin war sie engagierte Demokratin und setzte sich für Emanzipation und Menschenrechte ein. Ihre Erinnerungen an ihre Jugend im Nationalsozialismus hat sie 1986 im Gespräch mit Gretel Rieber geschildert. Dabei stellte sich Carola Stern selbst auch die Frage: Warum ging ich begeistert zum BDM?

Redaktion: Gesa Rünker

Carola Stern, WDR-Kommentatorin/Richard Baier, Radiosprecher WDR 5 Erlebte Geschichten 03.10.2023 38:13 Min. Verfügbar bis 03.10.2099 WDR 5

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