Ersatzfreiheitsstrafe - Streit um den Schuldturm für Arme
Busfahren ohne Ticket, Drogenkonsum, kleinere Diebstähle: Das sind Delikte, die Gerichte meist mit Geld- statt Freiheitsstrafe ahnden. Wer nicht zahlen kann, kommt trotzdem in Haft. Rund 50.000 Menschen sitzen eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe ab, die trotz jüngster Reformen umstritten bleibt.
Von Beate Hinrichs
Unbestritten ist, wen es trifft: Fast ausschließlich Arme, überwiegend Männer, oft Menschen mit akuten sozialen und psychischen Problemen, überdurchschnittlich oft Migranten. Auch darüber herrscht weitgehend Einigkeit: Ersatzhaft von einigen Tagen, Wochen oder Monaten ist für den Staat sehr teuer, für die Resozialisierung von Delinquenten ungeeignet und für Gefängnisse eine große Belastung. Aus dieser Einsicht heraus hat der Gesetzgeber zum Februar 2024 die Haftzeiten halbiert. Wurde bislang mit einem Tag hinter Gittern ein Tagessatz der Geldstrafe erlassen, sind es nun zwei. Trotzdem geht die gesellschaftliche Debatte weiter. Ist Knast als Ultima Ratio ein unverzichtbarer Eckpfeiler unserer Rechtsordnung? Sollte auf den Schuldturm für Arme verzichtet werden oder wäre das schwedische Modell die bessere Lösung? Dort sitzen nur diejenigen ein, die ihre Geldstrafe nicht zahlen wollen, obwohl sie es können.
Ausstrahlung am Donnerstag, den 9. Mai 2024 um 13.04 Uhr
Wiederholung am Donnerstag, den 9. Mai 2024 um 22.04 Uhr
Von: Beate Hinrichs
Redaktion: Thomas Nachtigall
Produktion: WDR 2024