Lesefrüchte

"Paare" von Maggie Millner

Stand: 16.02.2024, 12:00 Uhr

Maggie Millner erzählt in ihrem ersten Buch "Paare" eine flirrende Liebesgeschichte und belebt auf ganz spezielle Weise eine alte Erzählform wieder: die Rede in Paarreimen. Das ist verführerisch, hinreißend und durch und durch elektrisierend.

Brooklyn, New York: eine Frau lebt ein ganz gewöhnliches Leben - mit ihrem Freund und der gemeinsamen Katze. Sie ist Autorin, schreibt Gedichte, findet sich selbst schlicht "boring". Doch dann verliebt sie sich plötzlich neu – in eine andere Frau.

Die Protagonistin gibt sich der aufregenden Liebe hin. Maggie Millner erzählt diese queere Liebesgeschichte mit ganz alten Mitteln: in gebundener Rede, changierend zwischen Ich und Du, zwischen Lyrik und Prosa. Und fragt sich: wer ist dieses neue Ich, das sich da mitreißen lässt?

Die Protagonistin entdeckt sich zwar neu, verliert sich aber auch in der neuen Lust. Und das schlägt sich in der Erzählform nieder. Millner schreibt Paarreime – und die entwickeln beim Lesen einen solchen Drive, dass man sich immer wieder bremsen muss. Und so geraten die 128 Seiten auch zu einer Achtsamkeitsübung.

Man schlängelt sich durch diesen Text – oder soll man eher sagen schwebt? Denn die Verse sind leicht zu lesen und überraschen fast mit ihrer Schlichtheit. Eva Bonné hat sie beeindruckend ins Deutsche übertragen. Eigentlich müsste man sie als Co-Autorin nennen. Ihre Übersetzung ist ein eigenes Kunstwerk.

"Paare" ist ein Buch, das durch Form und Inhalt verführt. So entdeckt die Protagonistin Kink, sprich ungewöhnliche sexuelle Praktiken wie Bondage. Und das spiegelt die Reimform wider. Sie zurren wie Bänder die Sprache fest und engen sie ein. Aber das macht dieses Buch selbst ungeheuer sexy. Eine in vielfacher Hinsicht anregende, nein aufregende Lektüre.

Eine Rezension von Corinne Orlowski

Literaturangaben:
Maggie Millner: Paare. Eine Liebesgeschichte.
Aus dem amerikanischen Englisch von Eva Bonné
Klett-Cotta, 2024
128 Seiten, 20 Euro