Autorin im Gespräch
Sina Scherzant über "Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne"
Stand: 12.01.2024, 16:22 Uhr
Anfang der Nullerjahre zieht Katha mit Mutter und Schwester nach Dortmund. Eine Niederlage – hatte sie doch lange versucht, die Ehe ihrer Eltern zu retten. In Sina Scherzants Debütroman geht es um eine Teenagerin, die bewusst eine Nebenrolle im Leben spielt und den eigenen Kummer verdrängt.
Katha hat das so genannte "Kümmer"-Gen. Sie fühlt sich für Alle zuständig und vergisst dabei sich selbst. Das Wohlergehen Anderer hat völlige Priorität. In dieser Rolle ist Katha gefangen und hat ihrer selbstvergessenen Mission sogar einen Namen verliehen. Sie nennt sich "Lebenshandwerkerin".
Ihre rebellischen Schwester rettet sie aus unangenehmen Situationen. Die Probleme der vier Mädchen, zu deren Schul-Clique sie gehört, versucht sie zu lösen. Und Zuhause hat Katha längst die Rolle der Mutter übernommen und schmeisst den Haushalt.
Dann lernt Katha Angelica kennen, die Mutter der Cliquen-Anführerin. Die unkonventionelle und freigeistige Frau wird für sie zu einer Art Ersatzmutter, die zuhören kann und auch Kathas überbordende Hilfsbereitschaft infrage stellt. Katha spürt zum ersten Mal ein Gleichgewicht in einer zwischenmenschlichen Beziehung.
Letztendlich geht es in Sina Scherzants Roman um das Wiedererlangen eines solchen Gleichgewichtes und darum, wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen. Sina Scherzants Roman "Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne" erzählt sanft und einfühlsam über Freundschaft, Eigenliebe und Selbstfindung und wartet mit einem Paukenschlag auf, der Katha zwangsläufig aus der Bahn werfen muss, damit sie ihre Bestimmung überhaupt erst wahrnehmen und in ihr eigenes Leben aufbrechen kann.
Eine Rezension von Claudia Cosmo
Literaturangaben:
Sina Scherzant: Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
park x ullstein Verlag, 2023
368 Seiten, 23 Euro