Michaela Karl ist so etwas wie eine Expertin für Biografien. Sie promovierte über Rudi Dutschke. Dann schrieb sie Biografien über Dorothy Parker, Zelda und F. Scott Fitzgerald, Unity Mitford, Bonnie & Clyde, Maeve Brennan oder Isadora Duncan.
Nun hat sie sich das Leben und Schaffen von Katherine Mansfield genauer angeschaut. Und obwohl die in Neuseeland geborene Britin nur 34 Jahre alt geworden ist, hat Michaela Karl eine rund 450-seitige Biografie verfasst. Sie trägt den Titel: "Ich brauche einen Liebhaber, der mich am Denken hindert".
Als Privatperson war Mansfield ein sehr widersprüchlicher Charakter und machte sich bei vielen ihrer Zeitgenossinnen unbeliebt. Die Schriftstellerin heiratete zwei Mal. 1917 wurde bei ihr Tuberkulose diagnostiziert; 1923 starb sie daran.
In ihrer Biografie "Ich brauche einen Liebhaber, der mich am Denken hindert" zeichnet Michaela Karl das Porträt einer unkonventionellen und freien Frau, die ihrer Zeit mit ihrer emanzipierten Haltung weit voraus war.
Karl schildert aber nicht nur das Leben der eigenwilligen Autorin; sie schreibt auch eine Literatur- und Kulturgeschichte sowie eine Kolonialgeschichte Englands. Denn in der Person Mansfields spiegelt sich viel mehr: Sie haderte immer wieder mit ihrer kolonialen Herkunft; verknüpft mit dem Kampf gegen Vorurteile und Komplexe.
Michaela Karl ist eine spannende Biografie gelungen, die uns die lange vergangene Zeit der Kolonialgeschichte vor Augen führt und daran erinnert, dass auch heute Zuwanderung mit Selbstzweifeln und Schwierigkeiten verbunden ist.
Eine Rezension von Barbara Geschwinde
Literaturangaben:
Michaela Karl: Ich brauche einen Liebhaber, der mich am Denken hindert
btb, 2023
480 Seiten, 25 Euro