Schnell erklärt
Ökosysteme sind hochkomplexe Gebilde voller geteilter Lebensräume und gegenseitiger Abhängigkeiten. Jedes Tier findet seine Nische und ist gleichzeitig bedeutsamer Baustein des großen Ganzen. "Harmonies" macht dieses Naturprinzip zum Brettspiel, abstrakt und erstaunlich organisch zugleich.
Unser Ziel: eine harmonische Welt erschaffen, die möglichst vielen Tieren Raum bietet. Wer am Zug ist, wählt ein Set aus drei zufällig kombinierten Spielsteinen und legt diese auf sein Spielbrett. Sechs Arten gibt es: Wasser, Felder, Stein, Holz, Laub und Ziegel. Indem wir sie neben- oder aufeinander legen, lassen wir vielfältige Landschaften entstehen.
Das ist clever abstrahiert. Ein Beispiel: Ein einzelner Stein ist ein Fels. Ein Zweiter oben drauf macht daraus einen Berg. Wer stattdessen einen Ziegel obenauf stapelt, erschafft ein Haus. Ganz intuitiv entstehen so Gebirge und Wälder, Flüsse und Felder als Lebensräume für unsere Tiere.
Ist ein Spielbrett fast vollständig belegt, endet das Spiel am Ende der Runde. Wer durch seine Landschaft und alles was darin kreucht und fleucht die meisten Punkte macht, gewinnt.
Was macht den Spielreiz aus?
Jede der 32 einzigartigen Tierkarten erfordert eine spezifische Kombination aus Gelände-Spielsteinen. Diese Habitate sind trotz begrenzter Ausdrucksmittel erstaunlich stimmig: Die Maus wohnt in der Mühle (ein Haus zwischen zwei Kornfeldern), der Lachs im Gebirgsbach (Wasser am Berg), das Erdmännchen in der Steppe (Fels und Feld).
Haben wir einen dieser Lebensräume auf unserem Spielbrett erschaffen, macht sich dort sogleich das passende Tier breit und besetzt eines der Felder bis zum Spielende. Der Rest bleibt frei und bietet anderen Tieren Platz.
Im besten Fall gehen alle Lebensräume fließend ineinander über, eine perfekte Welt im Miniaturformat. Doch das ist selten, viel häufiger zwingt uns der Zufall in Form von Geländespielsteine und Tierkarten zur Improvisation. Es ist wie in freier Wildbahn: Erfolg hat, wer sich anpassen kann.
Wer hat Spaß?
Gestalter mögen an "Harmonies" die Freiheit, Denker die Herausforderung, Haptiker die dicken, bunten Spielsteine. Die farbenfrohen Tierkarten sind herzerweichend niedlich, verzückte "Ooh, wie süß!"-Rufe keine Seltenheit. Dass die "Tiere" selbst bloß Würfel zum Blockieren der Felder sind, kann da verschmerzt werden. Übersichtlicher ist es ohnehin.
Wer hier das Gesetz des Dschungels erwartetet, liegt falsch: Auch wenn die Konkurrenz um Spielsteine und Tierkarten Potential für Sticheleien hat, bleibt es fast immer friedlich. Nur manchmal wollen die verfügbaren Tierkarten und Spielsteine einfach nicht zueinander passen. Aber das ist nur natürlich.
Fazit
Clever designt, liebevoll präsentiert, einfach erlernt und schwer gemeistert - "Harmonies" wird seine Nische finden: als eines der besten Familienspiele 2024 auf der "Spiel des Jahres"-Empfehlungsliste. Alles andere wäre wider die Natur.
Harmonies
Johan Benvenuto
Libellud
1-4 Spieler:innen ab 8 Jahren, ca. 30-45 Minuten
ca. 35 Euro