Screenshot: "Mrs America"

Glotz und Gloria - Der COSMO Serien-Podcast

Serien-Podcast: "Das Letzte Wort" und "Mrs. America"

Stand: 18.09.2020, 00:00 Uhr

Die Protagonistinnen sind in beiden Serien schon in der Rolle als kratzig und nervend angelegt. Das funktioniert gut und passt zu den Geschichten. Zudem sprechen Jörn und Emily noch über Diversität bei den Oscars und dem deutschen Schauspielpreis.

Von Emily Thomey, Jörn Behr

"Das Letzte Wort" und "Mrs. America" - Wie wirken kratzige Protagonistinnen?

COSMO Glotz & Gloria 18.09.2020 55:04 Min. Verfügbar bis 17.09.2025 COSMO


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Review "Das Letzte Wort"

Karla Fazius (Anke Engelke) feiert auf der Silberhochzeit das letzte Mal mit ihrem Mann. Völlig unerwartet stirbt er an einem Herzinfarkt als alle Gäste schon gegangen sind. Am Tag der Beerdigung zieht sich Karla mit einer eindrucksvollen Trauerrede aus der Depression. Da mit dem gestorbenen Mann auch die Finanzlage der Familie im Argen liegt, entscheidet sie kurzerhand in Zukunft ihr Geld als Trauerrednerin zu verdienen. Für den Bestatter Borowski ist die durchaus nervige Karla Fluch und Segen zu gleich. Sie überzeugt die Kundschaft, organisiert einige ungewöhnliche Trauerfeiern, bringt aber den eh schon schief hängenden Haussegen im Familienunternehmen weiter ins Wanken. Auch in Karlas Familie gibt es viel Stress: Die Krawall Oma ist aus dem Pflegeheim geflogen, weil sie mit Medikamenten gedealt hat, Sohn Tonio ist tief verzweifelt und versteckt sich zwischen Kopfhörern und Smartphone, und Tochter Judith versucht den Laden am Laufen zu halten, wird aber von diversen Lovern abgelenkt.

Die Serie könnte mehr weh tun

Die deutsche Version der sehr erfolgreichen, zwanzig Jahre alten US-Serie "Six Feet Under" ist von der Prämisse her gut gewählt: Dem Tod humorvoll begegnen. Auch dass der Tod letztlich nur Sprungbrett ist, um zwischenmenschliche Konflikte der Überlebenden zu verhandeln, funktioniert. Leider bleibt die deutsche Netflixproduktion "Das Letzte Wort" zu oft an der Oberfläche und rutscht immer mal wieder ins Klamaukige ab. Dabei hat die Gratwanderung zwischen Tragik und Komik so viel Potenzial. Damit ist "Das letzte Wort" nicht der nächste Serienhit aber leichte, gut verdauliche Unterhaltung.

Review "Mrs. America"

In den 70er Jahre entbrennt in den USA ein Kampf zwischen der zweiten feministischen Welle und den Antifeminist:innen, die gegen den Equal Rights Amemdment, kurz ERA, auf die Straße gehen. Der Verfassungszusatz soll die Gleichstellung von Mann und Frau verankern. Angeführt wird die STOP ERA Bewegung von der konservativen Politikerin Phyllis Schlafly (Cate Blanchett), die ursprünglich politische Ambitionen in ihrem eigentlichen Fachgebiet hatte: Außenpolitik, Verteidigung und Nuklearkrieg. Da sie trotz ihrer Expertise in Washington nur belächelt wurde, macht sie sich zur Führungsfigur der Hausfrauen und Mütter Amerikas, um politische Macht zu erlangen. Der ERA würden eine geschlechtsneutrale Gesellschaft herbeiführen und schlimmer noch: Frauen und Mädchen in den Vietnamkrieg schicken. Aber die Befürworter:innen des ERA sind nicht weniger schlagfertig, smart und organisiert - allen voran die Journalistin Gloria Steinem oder Shirley Chisholm, die erste Afroamerikanerin im US-Repräsentantenhaus und sogar eine demokratische Anwärterin für die Präsidentschaft.

Komplex und bestens besetzt

Die auf wahren Begebenheiten beruhende Historienserie nimmt pro Folge eine der Figuren in den Mittelpunkt und bringt so Ordnung in die komplexe Gemengelage. Trotzdem ist es nicht leicht den vielen Schauplätzen zu folgen, denn nicht nur Demokrat:innen kämpfen gegen Republikaner:innen, auch innerhalb der Lager und beiden Bewegungen für und gegen den ERA gibt es verschiedenste Machtkämpfe und unterschiedliche Interesse. Detailgetreu und mit erstklassiger Besetzung ist "Mrs. America" sehr empfehlenswert, findet Emily, während Jörn die Serie etwas dröge findet. Beide betonen aber wie gut die Serie handwerklich gemacht ist. Und da der ERA auch jetzt nach 100 Jahren Diskussion immer noch nicht ratifiziert ist, ist "Mrs. America" auch spannend für den aktuellen US-Wahlkampf.

Wo?

"Mrs. America" auf FOX über Sky, Vodafone Kabel Deutschland, Unitymedia, M7 und MagentaTV und "Das Letzte Wort" bei Netflix. 

Kontakt zu Jörn und Emily:

Facebook.com/cosmo_ard
E-Mail: glotzundgloria@wdr.de
Whatsapp: 0172 5678 566