Yannis & The Yaw – "Lagos Paris London"
Stand: 04.09.2024, 00:00 Uhr
Yannis & The Yaw sind Yannis Philippakis, Sänger der britischen Indie-Band Foals, und Tony Allen, legendärer Afrobeat-Drummer u.a. von Fela Kuti. Die gemeinsame EP "Lagos Paris London" ist eine organischen Fusion beider Genres. Sie erscheint vier Jahre nach dem Tod Allens.
Von Marc Mühlenbrock
Der eine ist die Stimme einer der wichtigsten Indie-Bands der vergangenen 15 Jahre. Der andere hat den Beat in Afrobeat geprägt wie kein Zweiter. Eine Zusammenarbeit war 2016 vor allem für Yannis Philippakis ein wahr gewordener Traum. Der Brite mit griechisch-südafrikanischen Wurzeln ist damals für ein paar Sessions zu Tony Allen in dessen Wahlheimat Paris gereist, dort haben sie zusammen mit Tonys Band in dessen Studio gearbeitet. So wie man es sich vorstellt, sagt Yannis heute: mit haufenweise Percussion-Instrumenten in dichten Nebelschwaden durch Cannabis-Rauch.
Die beiden wurden Freunde, aber der ebenfalls dichte Terminplan und strenge Covid-Auflagen haben danach verhindert, dass sie an dieser EP weiterarbeiten konnten – und dann ist Tony Allen 2020 im Alter von 79 Jahren überraschend verstorben. Es hat einige Zeit gebraucht, bis Yannis Philippakis sich Allens Vermächtnis widmen konnte.
Mit Vorerfahrung
Dass Philippakis und Allen zusammengearbeitet haben, ist trotz der verschiedenen Genres, die die beiden sonst bedienen bzw. bedient haben, gar nicht so überraschend. Yannis Philippakis ist in Südafrika aufgewachsen, seine Indie-Band Foals wird vor allem für ihren Groove geschätzt, besonders auf den früheren Alben auch mit Afrobeat-Elementen. Tony Allen ist in seinen späten Jahren sehr präsent gewesen in der Indie-Szene, vor allem wegen seiner Zusammenarbeit mit Damon Albarn und dessen Projekten Gorillaz und Rocket Juice & The Moon.
Pathos und Polyrhythmus
Das Ergebnis "Lagos Paris London" klingt nun sehr organisch. Dominiert wird es von den fein verästelten, hektischen Beats von Tony Allen. Niemand spielt so gut so kompliziert wie der Polyrhythmiker und klingt dabei so eingängig und voller Groove – ein einmaliger Stil. Dazu Yannis Philippakis' Stimme, die sehr tief ins Mark gehen kann. Dabei schraubt er den Pathos zurück, der ihn sonst ausmacht, bzw. bekommt dieser durch den Kontext der Musik eine neue Konnotation.
Halbe Weltreise in Sounds und Genres
Der Titel "Lagos Paris London" gibt die passenden Koordinaten vor – Lagos, Heimat von Afrobeat und Tony Allen. London, Heimat der Indie-Musik und Lebensmittelpunkt von Yannis Philippakis und Paris – wo die beiden sich getroffen haben.
Die EP ist aber mehr als die Summe der einzelnen Teile Indie und Afrobeat: Auf "Rain Can't Reach Us" hat Philippakis ein paar warme elektronische Flächen eingebaut, "Clementine" klingt nach analogem US-Funk der 70er Jahre.
König und Beat
Die Songtexte sind zum Teil erst nach Tony Allens Tod entstanden. Philippakis wird mal naturmystisch, singt von schwarzen Tornados und weißen Pferden und an anderer Stelle über das, was ihm in schweren Zeiten Halt gibt: Freundschaft und Liebe.
Es gibt aber auch einen versteckten Gruß an seinen verstorbenen, kongenialen Partner Tony Allen. Auf der Single "Walk Through Fire" singt er: "Once you were king, now you're beat", also: "Du warst einmal König, doch jetzt bist Du besiegt [vom Tod]". Oder eben: "Doch jetzt bist Du der Beat."