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Cover des Albums "Afrikan Alien" von Pa Salieu: Vier Schwarze Personen in dunklen Tüchern gekleidet und mit goldenem Schmuck behangen; die vordere Person hält eine Flagge

"Afrikan Alien" - Vom Straßenrapper zum Afrikan Alien

Stand: 11.12.2024, 09:00 Uhr

Der 27-jährige Pa Salieu wurde mit seinem Song "Frontline" 2020 zum Superstar der britischen Drill- und Rapszene. Jetzt ist sein neues Album "Afrikan Alien" erschienen – das Ergebnis einer künstlerischen Neugeburt.

Von Vincent Lindig

Pa Salieu hat eine mehr als bewegte Vergangenheit. Er wird als Sohn gambischer Eltern im britischen Städtchen Slough nördlich von London geboren. Als Kleinkind wird er zu seinen Großeltern nach Gambia gebracht, wo er bis zum Alter von zehn Jahren lebt. Zurück im UK wächst er in Coventry im Herzen Großbritanniens auf – und gerät dort als Jugendlicher in den Sog der Straße.

Er wird mehrmals wegen Waffenbesitz verurteilt, 2019 wird ihm bei einer Auseinandersetzung in den Kopf geschossen, aber er überlebt die schwere Verletzung. Als sein bester Freund 2018 getötet wird, konzentriert er sich auf die Musik und versucht, die Straße hinter sich zu lassen. Zuvor muss er aber für fast zwei Jahre ins Gefängnis, denn nachdem sein Freund in einem Club erstochen wurde, wird Pa Salieu vorgeworfen, einen anderen Mann gejagt und mit Stöcken und abgebrochenen Falschen attackiert zu haben. Pa Salieu bekennt sich schuldig. Dafür geht er fast zwei Jahre in den Knast.

Gefängniszelle als Raumschiff

Erst im September diesen Jahres endet die Haftzeit von Pa Salieu. Die lange Zeit im Gefängnis hat er genutzt, um über seine künstlerische Vision nachzudenken.

"Afrikan Alien habe ich wie aus einem Raumschiff heraus geschrieben. Von dort habe ich die Welt aus einer versperrten Perspektive betrachtet. Wenn man Zeit hat, hat man wohl auch viel Raum, sich Gedanken zu machen. Dieses Projekt kommt wirklich von einem 'afrikanischen Außerirdischen'. Darin steckt, was ich sein will, die Galaxien, die ich bereise und meine Bestimmung. Das, wofür wir alle bestimmt sind: Die Suche nach Frieden!" Pa Salieu

Der afrikanische Außerirdische

Auf "Afrikan Alien" stellt sich schon bei den ersten Songs das Gefühl ein: Pa Salieu hat sich weit von den kalten Straßen seiner Heimatstadt Coventry entfernt hat und stützt sich schwer auf seinen gambischen Background. Dort hat er seine Wurzeln, prägende Jahre seiner Kindheit hat er dort verbracht. Die Verbindung zu seinen Großeltern, bei denen er aufwuchs, bezeichnet er in Interviews immer wieder als zentral in seinem Leben.

Zwar hat er auch vorher aus seiner Familiengeschichte kein Geheimnis gemacht – aber jetzt scheint er diese Roots so richtig zu umarmen, Songs wie "Round&Round" oder "Dece (Heavy) " sind astreine Afrobeats-Songs, die sich am reichen Soundfundus des Kontinents bedienen. Mal klingen die Songs mit perlenden Gitarrenläufen nach modernem Highlife, dann wieder zeigt Pa Salieu etwa auf "Allergy", dass er auch über Instrumentals rappen und singen kann, die handgemacht klingen und die Musiktradition Gambias in die Gegenwart holen. "Belly" ist ein Gute-Laune-Song, in dem er HipHop-Feeling mit Pigdin-Englisch zusammenbringt und von seiner langen Reise von der Straßenecke zur Sorglosigkeit erzählt. Und der Amapiano-Song "Big Smile (Pose for me) " mit Nigerias Superstar ODUMODUBLVCK entwickelt sich gerade zu einem veritablen Hit der weltweiten Afro-Danceszene.

Gelungene Metamorphose

"Afrikan Alien" ist ein vielfältiges, rundes Album, das zu jeder Sekunde nach Pa Salieu klingt. Neben Artists wie J Hus verknüpft er den Sound des Vereinigten Königreichs mit den musikalischen Einflüssen der afrikanischen Diaspora. Schaut man in die Kommentare unter seinen Songs, sieht man, wie viel Liebe er dafür aus ganz Afrika bekommt. Der erst 27-jährige Pa Salieu hat sich im Gefängnis neu erfunden und klingt leichter, sicherer und raffinierter als je zuvor.