Modern Roots aus Deutschland

Gentleman

Stand: 08.12.2015, 11:58 Uhr

Der deutsche Reggae-Sänger Gentleman hat gezeigt, dass auch ein Kölner Pastorensohn authentische Roots-Vibes produzieren kann. Damit hat er sich nicht nur in Deutschland als Star etabliert, sondern auch auf Jamaika großen Respekt erworben.

Als Anfang der 90er Jahre in Deutschland die ersten Soundsystems - mobile Reggae-Diskotheken - entstanden, schnappt sich Gentleman alias Tilmann Otto das Mikro und heizt als MC - Master Of The Ceremony oder Mike Chatter - dem Publikum ein. Und nach seiner ersten Jamaika-Reise steht der Entschluss des Kölner Pastorensohns fest: er will sein Leben dem Reggae widmen, und Jah im jamaikanischen Patois huldigen.

Der Durchbruch mit Freunden

Gemeinsam mit der Stuttgarter HipHop-Formation Freundeskreis entsteht 1998 der Song "Tabula Rasa", er wird ein Hit, und Gentleman bekommt einen Plattenvertrag. Es folgt das Debüt-Album "Trodin' On", das neben Reggae und Dancehall auch HipHop mit einschließt. Für den Nachfolger "Journey To Jah" lässt sich Gentleman drei Jahre Zeit - immerhin ist er mittlerweile Vater geworden und stellt die Familie in den Vordergrund. Aber mit "Journey to Jah" etabliert er seinen Ruf, denn es ist ein hochkarätiges Album, das internationale Vergleiche nicht scheuen braucht. Das Werk entstand u.a. im legendären Tuff Gong Studio auf Jamaika, wo schon Bob Marley aufnahm. Zudem gelang es ihm, dort ein Who-Is-Who der jamaikanischen Szene zu versammeln, von Luciano und Capleton bis Morgan Heritage und Bounty Killer. Auf der Reggae-Insel zollt man dem  Kölner größten Respekt. Die Frage, ob ein weißer Deutscher authentischen Reggae machen kann, erübrigt sich dadurch.

Modern Roots

Mit seinem dritten Opus "Confidence" geht die jamaikanisch-germanische Reise weiter: Eine illustre Gästeschar von Coco Tea über Ras Shiloh und Tony Rebel bis hin zu Jack Radics ist mit dabei. Und auch das Album "Another Intensity" bietet, mit Stücken wie "Evolution", "Rage & Anger“ oder "Hosanna", wieder den entspannten Roots-Reggae, für den Gentleman berühmt ist. "Another Intensity" protzt nicht so sehr mit klangvollen Namen, featured aber den durchaus umstrittenen Dancehall-Star Sizzla im Song "Lack of Love". Weitere Gaststimmen kommen von der jamaikanischen Sängerin Diana King im Song "Light Within" und den jamaikanischen Reggae-Tenören Jack Radicks & Daddy Rings, die "Jah Love" ihren brummenden Bass leihen.

Die Reise zu Jah

2010 wechselt Gentleman nach zehn Jahren bei FourMusic, der Plattenfirma der Fantastischen Vier, zum Majorlabel Universal. Dort erscheint sein Album "Diversity", das bei Erscheinen prompt an die Spitze der Albumcharts schießt. 2014 erscheint der Dokumentarfilm "Journey to Jah", für den Gentleman und der Reggaekünstler Alborosie sieben Jahre lang von den Regisseuren Moritz Springer und Noel Dernescheine begleitet wurden.

Aufbruch zu neuen Ufern

Für sein MTV Unplugged 2014 und das dazugehörige Album teilte er sich neben deutschen Artists wie Toten Hosen-Frontmann Campino oder Milky Chance auch mit jamaikanischen Musikern wie Shaggy oder Bob Marley-Sohn Ky-Mani die Bühne, um seine besten Songs der letzten Jahre zu performen. Die Zusammenarbeit mit Ky-Mani Marley trug sogar noch weitere Früchte, denn anschließend nahmen die beiden  ein Album zusammen auf („Conversations“). Vier Jahre danach erscheint 2020 sein erstes deutsches Album, auf dem er seinem Publikum neben dem klassischen Reggae auch Dancehall-Riddims von den Jugglerz und Kollaborationen mit Rappern wie Sido und Luciano präsentiert und damit dem jamaikanischen Patois zumindest vorerst den Rücken kehrt.

Diskografie (Auswahl)
TitelJahr
Blaue Stunde 2020
Conversations (feat. Ky-Mani Marley)2016
MTV Unplugged2014
New Day Dawn2013
Diversity2010
Another Intensity2007
Confidence2004
Gentleman LIVE And The Far East Band2003
Journey To Jah2002
Trodin' On1999