Cover des Albums "Acoustic" von Tiken Jah Fakoly: Tiken Jah Fakoly steht inmitten anderer Musiker und guckt nach oben zur Kamera

Kämpfer & Griot

Album der Woche: Tiken Jah Fakoly - "Acoustic"

Stand: 18.02.2024, 00:00 Uhr

Tiken Jah Fakoly, Star von der Elfenbeinküste und einer der führenden Köpfe der Reggaeszene Afrikas, geht mit seinem neuen Album "Acoustic" back to the Roots. Begleitet von den traditionellen Instrumenten Westafrikas hat er seine größten Hits aus 27 Jahren Karriere mit internationalen Gästen noch einmal neu aufgenommen.

Von Anna-Bianca Krause

Tiken Jah Fakoly: "Acoustic"

COSMO Album der Woche 19.02.2024 02:38 Min. Verfügbar bis 17.02.2025 COSMO


Tiken Jah Fakoly hat viele Träume. Er träumt zum Beispiel davon, dass sich die 54 Länder Afrikas zu den Ètats unis d’Afrique, den Vereinigten Staaten Afrikas zusammenschließen. Er träumt davon, dass AfrikanerInnen genauso frei in der Welt herumreisen können und sich niederlassen, wo sie wollen, wie die EuropäerInnen oder US-AmerikanerInnen. Und dann gab es da noch den Traum, eines Tages ein Akustik-Album zu machen. Um seine Botschaften noch einmal, in einer anderen Verpackung zu den Menschen zu bringen. Und um der eigenen Stimme mehr Raum und Entfaltungsmöglichkeiten zu geben, als sie üblicherweise im Reggae zwischen Bläsersätzen und heavy Basslines hat. Diesen Traum hat sich Tiken Jah Fakoly mit seinem neuen Album jetzt erfüllt.

Kora, Balafon, N’goni & Co

"Acoustic" ist Tiken Jah Fakolys erstes akustisches Album, alle Songs bis auf einen (das bislang unveröffentlichte "Arriver À Rêver") sind akustische Versionen seiner bekanntesten Songs. Er spannt damit einen Bogen über 27 Jahre Karriere mit Remakes aller seiner Alben, auch von seinem ersten Soloalbum "Mangercratie" von 1996. Es ist aber auch ein Back to the Roots in musikalischer Hinsicht. Denn Tiken Jah Fakoly stammt aus einer Griot-Familie und ist in einem kleinen Dorf mit traditioneller westafrikanischer Musik groß geworden. Und so lässt er seine Gesänge diesmal vor allem von Balafon, N’goni, Kora, Talking Drums, Soku-Geige und Perkussion begleiten. Der Sound dieser Instrumente löst starke Gefühle und Erinnerungen in ihm aus, die wiederum haben seinen Gesang intensiviert und facettenreicher gemacht.

Den anderen Teil der Griot-Tradition hat er von Anfang an gepflegt: die Tradition, mit Liedern vom realen Leben zu erzählen und Wahrheiten auszusprechen – wenn auch mit einer anderen Musik, als seine Griot-Vorfahren das getan haben.

Horace, Mathieu, Chico & Co

Für viele der neuen Versionen seiner alten Songs hat sich Tiken Jah Fakoly Unterstützung dazu geholt. Stimmen aus aller Welt, die seine Songs mit ihm covern, einige von ihnen Superstars: Der junge französische Reggasänger Naâman singt mit ihm "Plus rien ne m’étonne", in dem er die Ausbeutung Afrikas durch multinationale Konzerne und die Aufteilung des Kontinents durch koloniale Interessen kritisiert. Mit dem französischen Gitarristen und Sänger -M- verlangt er in "Ouvrez les frontières", der im Original von 2007 ist, dass Europa endlich seine Grenzen aufmacht, sodass die AfrikanerInnen genauso frei wie alle anderen ein- und ausreisen können. Der tansanisch-britische Sänger Tiggs da Author unterstützt ihn in "Les martyrs", im Original von 1999, die malisch-kanadische Sängerin Djely Tapa in der neuen Version des 20 Jahre alten Song "Alou Maye". Der französische Chansonsänger Bernard Lavillier ist beim USA-kritischen "Tonton d’America mit ihm am Mikrofon. Für die neue Version von "Africain à Paris", einen seiner größten Hits, der das harte Leben von afrikanischen MigrantInnen in Europa beschreibt, hat er sich gleich zwei Big Names dazu geholt: die jamaikanische Roots-Reggae-Legende Horace Andy und den Brasilianer Chico Cesar.

Reggae, Mandinke, Gitarre & Co

Zwischen den Songs gibt es immer wieder Zwischenspiele, Ausschnitte aus dem Dokumentarfilm "Tiken Jah, le descendant de Fakoly" aus dem Jahr 2023 über ihn. Dort spricht er über sich und seine gesellschaftspolitischen Themen, wie etwa die Armut Afrikas oder Straßenkinder – und leitet damit den anschließenden Song ein.

Das Erstaunlichste an "Acoustic", dem 16. Album von Tiken Jah Fakoly, ist, dass die meisten seiner Texte – egal, wie viele Jahre sie schon auf dem Buckel haben – unglaublich aktuell sind. Nun verleiht er diesen Songs mit den traditionelleren Arrangements und Instrumentierungen sowie den frischen Featurings ein wunderbares neues Leben. Man spürt, dass Tiken Jah Fakoly im Gewand der traditionellen Mandinke-Instrumente näher bei sich selbst ist als je zuvor.