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The Bongo Hop – "La Pata Coja"

The Bongo Hop: "La Pata Coja"

Stand: 30.12.2024, 00:00 Uhr

Auf seinem neuen, dritten Album "La Pata Coja" entfacht The Bongo Hop warme Grooves, die Lebensfreude ausstrahlen. Mit seinem transatlantischen Sound begegnet Bandleader Etienne Sevet den Herausforderungen des Lebens und schöpft neuen Mut.

Von Johannes Wolff

The Bongo Hop: "La Pata Coja"

COSMO Album der Woche 30.12.2024 02:47 Min. Verfügbar bis 30.12.2025 COSMO


Der französische Trompeter, Produzent und Musikjournalist Etienne Sevet hat über acht Jahre in Kolumbien gelebt. Fasziniert von der der reichhaltigen Musikkultur des Landes, hat er dort die Inspiration für sein Groove-Projekt The Bongo Hop gefunden. Für Etienne sind es die musikalische Einflüssen der beiden Küstenregionen – die Karibikküste am Atlantik und die Pazfikküste –, die die Besonderheit der kolumbianischen Musik ausmachen:

"Gerade die Musik von der Pazifikküste hat mich umgehauen, vor allem, wie afrikanische Sounds und Rhythmen in der Musik eingebettet sind.“ Etienne Sevet

Diese Sounds erweitert Etienne Sevet auf "La Pata Coja". In seiner Musik vereint er eine afrokolumbianische Tradition mit westafrikanischen und kreolischen Sounds zu neuen, ungehörten Grooves. Nigerianischer Afrobeat und jamaikanischer Mento blühen in frischem Latin-Glanz auf. Mit Singer-Songwriter Lucas Santtana aus Brasilien feiert er in "Magica Bonita" die Leichtigkeit des Chirimía-Karnevals und kombiniert typische Trommelrhythmen von der Pazifikküste Kolumbiens mit Brazil-Pop der 70er. Seine Klangwelt sei nicht darauf ausgerichtet, rein "kolumbianisch" zu klingen, sondern viel subtiler und vielseitiger inspiriert, so Sevet.

Acht Songs, sieben GastsängerInnen

Auf den acht Stücken des Albums kombiniert Etienne Sevet seine musikalische Vielfalt mit den einzigartigen Stimmen seiner Gastsängerinnen und -sänger. Diese rücken ihre Lebensrealitäten in den Mittelpunkt und erzählen bewegende Geschichten zwischen Struggle und Zuversicht. Gesungen wird dabei auf Spanisch, Französisch, Portugiesisch, Kreol oder der Bantusprache Bangangte. Der Opener "Mi Olla" ist eine Hommage an die soziale Bewegung in Kolumbien. 2023 haben weite Teile der Bevölkerung durch Massendemonstrationen Präsident Gustavo Petro und seine progressive Regierung gegen die Reformgegner der Opposition unterstützt. In dem Latin-Afrobeat-Song beschwört Newcomerin Francy Bonilla die Hoffnung der jungen Generation Kolumbiens auf eine bessere Zukunft.

In "Dekonekte" klagt Sänger Kephny Eliacin über seinen Überlebenskampf als haitianischer Musiker in Paris und sehnt sich nach einer Pause zum Durchschnaufen. In "Eko Eko" ist Sängerin Moonlight Benjamin mit am Start. Etienne Sevet nennt sie die Voodoo-Queen Haitis. Der Song basiert auf einem Vidé-Karnevalsrhythmus aus Martinique mit düsterer Anmutung. Es geht um den mangelnden Umgang mit unserem Planeten. "Mit mächtiger Stimme spricht Moonlight Benjamin eine Warnung aus, als würde sie grade bei Mitternacht aus einem Mangrovenwald aufsteigen", erzählt Sevet.

Übung in Selbstakzeptanz

Eine große Bananenschale ziert das Albumcover von "La Pata Coja". Damit spielt er auf eine Knieverletzung an, die er beim Wandern erlitten hat. Sein Hinkebein, also "La Pata Coja", wird zum Namensgeber der Platte. Der Titeltrack ist in Zusammenarbeit mit Sängerin Nidia Góngora entstanden, Etienne Sevets langjährige Wegbegleiterin und Star der afrokolumbianischen Szene. "Mit meinem Unfall ist mir klar geworden, dass manche Ereignisse dich für immer verändern können. Das habe ich in dem Song verarbeitet", erzählt er. "Ich habe ihn dann Nidia gezeigt. Kurz darauf ist ihre Mutter verstorben. Nach Wochen der Trauer hat sie sich dem Song angenommen. Sie singt von ihrem Verlust und davon nach vorne zu schauen trotz aller Widrigkeiten."

Mit den Songs auf "La Pata Coja" entfacht Etienne Sevet warme Grooves, die Lebensfreude ausstrahlen und Trost schenken. Er sieht das auch als eine Übung in Selbstakzeptanz. "Ich habe spät mit der Musik angefangen. Ich werde kein großartiger Trompeter mehr. Das ist für mich auch eine Art bleibende Narbe", erzählt er, aber lässt sich davon nicht entmutigen:

"Meine Kreativität entsteht im Umgang mit diesen Einschränkungen. So schaffe ich Emotion auf meine eigene, originelle Weise." Etienne Sevet