Lass: "Passeport"

"Passeport" - Lass' musikalischer Reisepass

Stand: 19.05.2024, 00:00 Uhr

Der Senegalese Lass lebt in der pulsierenden Musikszene Lyons und schlägt eine musikalische Brücke von Europa nach Afrika. Auf seinem zweiten Album "Passeport" verpackt Lass Erinnerungen an seine Heimat in einprägsame Melodien und sanfte tanzbare Beats.

Von Adrian Nowak

Lass: "Passeport"

COSMO Album der Woche 20.05.2024 02:48 Min. Verfügbar bis 19.05.2025 COSMO


Lansana Sané hatte es nicht immer leicht in seiner alten Nachbarschaft in Thiaroye-sur-mer, einem Stadtteil der senegalesischen Hauptstadt Dakar. Auch wenn er schon früh seine Liebe für Musik entdeckte und im Studio der legendären Rap-Crew Daara J erste Songs aufnehmen durfte, konnte er von der Musik nicht leben. In den 90er Jahren beschlossen einige seiner Freunde mit einem Flüchtlingsboot den gefährlichen Seeweg nach Europa anzutreten, Lass war drauf und dran mitzukommen, als er erfuhr, dass eins seiner Lieder bald im Radio gespielt wird. Musik hat ihn in der Tat das Leben gerettet.

Neue Heimat Lyon

Jahre später knüpfte er Kontakte nach Frankreich, genauer gesagt zu dem Elektronikduo Synapson, die mit ihm das Lied "Souba" aufnahmen. Das Lied mit dem treibenden Disco Beat und melancholischem Gesang wurde 2018 zu einem veritablen Hit – obwohl wenige Menschen in Europa den auf Wolof gesungenen Text verstanden. Lass fand eine neue Heimat in Lyon, wo er Kontakt zu Bruno Hovart aka Patchworks aufnahm, dem Mastermind hinter dem Global Pop Projekt Voilaaa Soundsystem, bekannt für ihren afrokaribischen Discosound. Bruno machte ihn mit der Lyoner Musikszene bekannt, 2022 erschien das Debut Album "Bumaye", das wenig mit dem traditionellen Mbalax aus dem Senegal zu tun hatte. Stattdessen gab es Afropop, Electronica und Akustik-Momente und über all dem thronte die klare und eindringliche Stimme von Lass.

Der musikalische Reisepass

Auf seinem neuen Werk "Passeport" verfeinert er seine Formel, aber mit neuen Mitstreitern und einigen musikalischen Überraschungen. Verantwortlicher Produzent ist diesmal Jordan Kouby, der auch schon mit Global Pop-Größen wie Hindi Zahra, Keziah Jones, Ayo und Fakear zusammengearbeitet hat. Kouby sorgte dafür, dass die unterschiedlichen musikalischen Ansätze von Leuten wie Patchworks, David Walters oder dem Gitarristen Magaye Gueye wie aus einem Guss klingen. Dabei sind viele Songs entstanden, die mit Uptempo-Beat und poppigen Melodien an seinen Hit "Mo Yaro" erinnern, darunter das treibende "Massamba", oder das Titelstück, in welchem er thematisiert, dass viele seiner afrikanischen Freunde nicht die Möglichkeit haben um die Welt zu reisen. Besonders spannend ist "Selou", bei dem Wüstenblues-Gitarren mit einem Four-to-the-floor Beat verwoben werden. Es gibt auch ruhige Momente, denn schließlich ist Lass im Kern ein afrikanischer Singer-Songwriter, bei dem trotz der tanzbaren Beats Melodie und Message im Mittelpunkt stehen. So gibt es zum Beispiel die ruhige Cumbia-artige Nummer "Nitte" zu hören, in der er beklagt, dass die Menschen die Umwelt verschmutzen und so letztendlich ihr eigenen Untergang herbeiführen. Sehr einfühlsam kommt "Sory" daher, welches Bossa Nova Flair mit dem jazzigen Klavierspiel des kubanischen Pianisten Roberto Fonseca verbindet.

Senegal Sehnsucht  

Oftmals ist die Verbindung zu seinen Freunden und Verwandten im Senegal ein Thema. In "Rano" (Nostalgie) erinnert er sich an die Landschaft der Casamence im Senegal und singt für all seine Landsleute in der Diaspora. Als Gast gesellt sich David Walters zu ihm, der sofort etwas mit dem Thema anfangen konnte, denn der Franzose vermisst jeden Tag seine Verwandtschaft in Martinique. Den Dialog der Generationen greift er in dem Stück "Massamba" auf. Massamba ist ein junger Senegalese, der sich in den Straßen Dakars rum treibt, anstatt auf die guten Ratschlägen der älteren Verwandten zu hören. Was wir von den jungen Menschen lernen könnten, thematisiert er in "Begue", einem Lied über kindliche Lebensfreude, die auch uns Erwachsenen das Leben versüßen kann. Passend dazu hört man auf dem Song Kinder singen. Die Aufnahmen sind im Senegal entstanden, wo er auf Verwandtschaftsbesuch war und die Kinder seines Bruders aufgenommen hat. Am Ende des Albums steht das jazzige Stück "Samba", das nichts mit dem Musikgenre aus Brasilien zu tun hat - Samba ist im Senegal ein gängiger Vorname. Auf einem triolischen Big Band-Rhythmus rät er Samba sich nicht an den Menschen zu rächen, die ihm übel mitgespielt haben. Stattdessen plädiert er für Vergebung und empfiehlt Samba sich als Mensch weiter zu entwickeln.

Lass präsentiert sich auf seinem zweiten Longplayer einmal mehr als sympathischer und einfühlsamer Sänger und Texter, "Passeport" ist ein beeindruckendes Plädoyer für Mitgefühl, Freundschaft und Verständnis, zu dem auch sehr gut getanzt werden kann.