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Fiji Kris und Fizzle von KitschKrieg stehen auf einem Berg Müll; im Hintergrund die Flagge der USA

KitschKrieg: "German Engineering Zwei"

Stand: 08.12.2024, 00:00 Uhr

KitschKrieg wurden mit ihrem Mix aus Trap, Elektronik und Dancehall zu einem der einflussreichsten Produktions-Teams Deutschlands. Auf ihrem Album "German Engineering Zwei" wagen sie den Sprung über den großen Teich und exportieren ihren Sound in die Trap-Hauptstadt Atlanta. Mit dabei sind Megastars wie Future und freshe Talente wie Mariah The Scientist.

Von Adrian Nowak

KitschKrieg: "German Engineering Zwei"

COSMO Album der Woche 09.12.2024 02:44 Min. Verfügbar bis 08.12.2025 COSMO


"Wir wollen nicht Trap nach Atlanta bringen, sondern unseren eigenen Stil einbringen", sagt Fiji Kris über seinen neuen Arbeitsort. Wozu sollte man sich auch in Konkurrenz zu hunderten Producern begeben, wenn man einen bewährten Erfolgssound im Angebot hat? Mit ihrem Mix aus Trap, Elektronik und Dancehall eroberten die Producer Fiji Kris und Fizzle sowie Fotografin awhodat ab 2016 die deutsche Musikszene, vor allem ihre Songs mit Autotune-Soulbrudi Trettmann sind zu modernen Klassikern avanciert. Auf ihrem ersten Produzenten-Album brachten sie 2020 unterschiedliche Figuren der Deutschen Musikszene zusammen - von Bonez MC bis Nena.

International Kitsch

Mit "German Engineering" brach das Trio 2023 auf, um den internationalen Markt zu erobern. Das Album wurde mit UK-Rappern und US-MCs aufgenommen, eine wilde Mischung, auf der es neben melodiösen Momenten auch rohe Drill-Tracks oder Uptempo-Garage-Vibes gab. Auf "German Engineering Zwei" geht es etwas sanfter zu.

Aliens in ATL

Das liegt vielleicht auch daran, dass diesmal hauptsächlich die Musikszene Atlantas im Mittelpunkt steht. Die Südstaaten-Metropole wurde in dem letzten Jahren zur wichtigsten HipHop-Stadt, melodiöser Autotune-Gesang mit tiefer gelegten Beats ist der Sound der Gegenwart. Zwischen Slow Cooked Soul Food und Southern Hospitality fühlen sich Fizzle und Fiji seit einem Jahr pudelwohl, während awhodat in Berlin die Stellung hält. Die deutschen Beatbastler stehen in ATL mit ihren reduzierten Beats wie Aliens da, doch das Außenseiter-Dasein ist auch hilfreich, weil KitschKrieg nichts mit Crew-Zwistigkeiten und Gangs zu tun haben.

Crew Love

So nahmen die KitschKrieger Kontakt zu verschiedenen etablierten und aufstrebenden Talenten auf und versammelten sie auf neun Tracks - oftmals sind zwei oder drei Stimmen auf einem Stück zu hören. Darunter ist auch der Rapper Hunxho (sprich Hanscho), der in einer Linie mit Trap-Größen wie Young Thug, Future oder Lil Baby steht und das 'next big thing' werden könnte. Im Introtrack "Jordan Go Hard" singsangt er zu dramatischen Synthies, auf "Bigger Plans" nuschelt er über technoide Afrobeats, und auf "Chanel" flirtet er mit der Sängerin Dess Dior.

Frische Talente

Dass einige Artists mehrfach auftauchen, ist Konzept bei "GE2", wirkt das Ganze so doch einheitlicher als andere Producer-Compilations. Zwei Auftritte hat die ebenfalls aus Atlanta stammende Anycia, die mit selbstbewussten Ansagen in Tracks wie "Sky High" die junge ATL-Szene um Frauen wie Karrahbooo oder bktherula repräsentiert. Auf "6 am" rappt sie laid back über einen lockeren HipHop-Beat, dazu gibt es jazzy Begleitung durch die Seeed-Bläser aus dem Dicken B. Ein paar Seilschaften nach Europa sind also noch da. Eine weitere spannende Stimme aus Atlanta ist die Sängerin Mariah The Scientist, die sich auf zwei Stücken mit Geschwindigkeit beschäftigt. Im romantischen "Too Fast" gibt es Liebesdrama mit Fridayy, den einige vielleicht von "God Did" mit DJ Khaled kennen könnten. In "Slow Down" ist Fridayy ebenfalls an Mariahs Seite, dazu kommt eine Strophe von Trap-Superstar Future und ein sphärischer Hybrid-Beat aus Dancehall-Drums und clowdigem R&B.

Rap Rave

Der Kontrast zu den sanften Stücken sind Tracks mit einem starken elektronischen Einschlag. "Sky High" könnte man auch ohne Vocals beim Rave-Sonnenaufgang genießen, "What's Tea" mischt hektische Synthie-Riffs mit frechen Raps von Kaliii und als Rausschmeißer gibt es das instrumentale Techno-Stück "Berlin Perm”, dass sich überhaupt nicht nach Abschluss anhört. Stattdessen dröhnen verzerrte Acid-Schleifen und monotone Basstöne, die neugierig machen auf das, was da vielleicht noch kommen wird. "German Engineering Zwei" ist keine wilde Party-Playlist wie der erste Teil, stattdessen klingt "GE2" einheitlicher und erzählt Geschichten von zwei detailverliebten Soundforschern und ihren souligen Begegnungen im wilden Süden.