Ludwig van Beethoven - "Schicksals-Sinfonie" Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67

WDR Sinfonieorchester Video 01.03.2019 32:43 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Ludwig van Beethoven - "Schicksals-Sinfonie" Nr. 5 c-Moll op. 67

Stand: 09.03.2018, 12:03 Uhr

  • Teil des Beethoven-Zyklus 2017/2018 unter Jukka-Pekka Saraste
  • Das WDR Sinfonieorchester in der Kölner Philharmonie am 17.11.2017
  • Einführung in die Sinfonie Nr. 5 c-Moll

Von Clemens Matuschek

"So pocht das Schicksal an die Pforte!" Beethovens Sekretär und Biograf Anton Schindler hat diesen Satz überliefert. Und obwohl niemand weiß, bei welcher Gelegenheit er ihn aufgeschnappt hat oder ob er ihn am Ende gar selbst erfunden und seinem Chef bloß in den Mund gelegt hat, prägt er seither das Bild Beethovens und seiner Fünften, der "Schicksals-Sinfonie". Er passt ja auch so schön ins Bild des grimmigen Künstlergenies, das mit seiner aufkommenden Taubheit hadert und "dem Schicksal in den Rachen greifen" will.

Ausschließlich aus diesem einen Motiv heraus

Worin besteht eigentlich Beethovens Genialität? Das "Klopfmotiv" aus drei Achteln und einer Halben ist an sich ja nichts Besonderes: Haydn benutzte es schon 1765 in seiner 28. Sinfonie. Nun, die Genialität besteht darin, einen 500 Takte langen Satz ausschließlich aus diesem einen Motiv heraus zu entwickeln. Zu Beginn stellt Beethoven es einmal isoliert vor, bevor er es ineinandergreifen lässt und damit atemberaubende Konstruktionen auftürmt. Er komponiert, wie Kinder mit Bausteinen spielen. Die erste "Melodie" beispielsweise entsteht nur durch das Aneinanderreihen des Motivs zu endlosen Achtelketten. Selbst die Begleitung des schlichten Gegenthemas gestaltet Beethoven mit dem Ausgangsmotiv.

"Besseren Lärm"

Die Wucht des Kopfsatzes stockt nur ein einziges Mal: Kurz vor Schluss leistet sich die Oboe ein kleines Solo. Sie nimmt die Atmosphäre des zweiten Satzes vorweg, der mit seiner innigen Melodie einem beschaulichen Spaziergang gleicht. Der dritte Satz tritt zunächst auf der Stelle. Die Streicher wirken unruhig, suchend, fragend. Die "Lösung" ertönt in Form einer militärisch-zackigen Fanfare, deren Rhythmus wieder auf das Klopfmotiv verweist. Den Mittelteil bildet dann eine Fuge – wobei sich Beethoven zwischendrin den Scherz erlaubt, das ruppige Thema der tiefen Streicher mehrfach unvermittelt abbrechen zu lassen, als ob die Musikerinnen und Musiker sich verspielen würden.

Mindestens so genial wie der Kopfsatz ist der Übergang ins Finale. Die Musik zieht sich bis ins Pianissimo zurück, scharrt mit den Hufen und scheint nur auf den passenden Moment zu lauern, um ins strahlende Fortissimo auszubrechen. Zudem kippt die Musik vom finsteren Moll in helles Dur – eine Pointe, die als "per aspera ad astra" (wörtlich: durch das Raue zu den Sternen – oder sinngemäß: durch die Finsternis zum Licht) zu einem der wichtigsten ästhetischen Konzepte des Abendlandes geworden ist. Auch das Baustein-Motiv des ersten Satzes kehrt hier in strahlender Form zurück. Nicht zufällig hat die schmissige Musik ihre Vorbilder in den Freiheitsliedern der Französischen Revolution, die den glühenden Republikaner Beethoven begeisterte. Auf diesen Zusammenhang verweisen auch einige typische Militärinstrumente, die bis dato noch nie im Konzertsaal zu hören waren und die Beethoven als Spezialeffekt verwendet. Stolz schreibt er: "Der letzte Satz ist mit Pikkoloflöte und drei Posaunen besetzt. Zwar nicht drei Pauken, wird aber mehr Lärm machen als sechs Pauken – und zwar besseren Lärm!"