FSME und Borreliose: So groß ist die Gefahr durch Zecken in diesem Jahr

Stand: 29.02.2024, 14:00 Uhr

Die Zecken sind schon da - und verbreiten sich. Das zeigt die neue Karte zu FSME-Risikogebieten des Robert Koch-Instituts. Wie groß ist die Gefahr in Deutschland und NRW? Und was schützt vor Zecken?

Von Sabine Schmitt

Sie sind klein, aber gefährlich: Zecken lauern im hohen Gras und warten auf einen Wirt. Das kann ein Tier sein oder wir - ein Mensch. Wenn sie uns stechen, können sie schwerwiegende Krankheiten übertragen. Die Gefahr dafür besteht schon jetzt - obwohl es noch so früh ist im Jahr.

Die Klimakrise und milde Winter wie der aktuelle führen dazu, dass die Tiere in Deutschland inzwischen ganzjährig aktiv sind. Das haben Forschende des Instituts für Parasitologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) beobachtet. Wer im Wald, auf Wiesen, in Parks oder Gärten unterwegs ist, sollte sich deshalb gut schützen.

Immer neue FSME-Risikogebiete

Zecken nonstop - das ist das eine. Das andere: Es gibt immer neue Gebiete, in denen eine gefährliche FSME-Infektion droht. Die Gefahr kommt aus dem Süden und wandert immer weiter Richtung Norden. Das gilt nicht nur mit Blick auf die aktuelle Landkarte des Robert Koch-Instituts (RKI) vom heutigen Donnerstag. Die zeigt, dass es immer mehr FSME-Risikogebiete gibt - auch 2024 kommen neue dazu. Es gilt auch für Europa: In Schweden etwa habe sich die Zahl der FSME-Fälle verdoppelt auf einen Rekordwert. Der Trend zeige sich auf der gesamten Nordhalbkugel. Das sagte Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Süddeutschen Zeckenkongresses. Die Veranstaltung wird unter anderem von Pharmafirmen gesponsert, die einen FSME-Impfstoff herstellen.

Auf derselben Pressekonferenz warnte Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim, vor einem bundesweiten Risiko für die gefährliche Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Ganz Deutschland sei ein Endemie-Gebiet für FSME geworden, wenn auch mit deutlichen regionalen Unterschieden. So richtig sicher könne man sich aber nirgendwo mehr sein.

Zecken-Alarm in 2024 - kommt es wirklich ganz dicke?

Eine Auswertung zeigt jedoch, dass die offiziellen FSME-Meldezahlen für das Jahr 2024 bisher unauffällig sind - trotz des milden Winters. Bis einschließlich Kalenderwoche acht wurden in 2024 laut RKI sechs FSME-Fälle gemeldet. Die Daten hat das RKI dem WDR zur Verfügung (Stand: 27.02.2024) gestellt. In den vergangenen zehn Jahren waren es in diesem Zeitraum im Schnitt etwa fünf Fälle pro Jahr - mal etwas mehr und mal etwas weniger.

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Ob 2024 ein besonders schlimmes Zeckenjahr wird oder eher ein durchschnittlich - das hängt aber nicht nur vom Winter ab, sondern auch davon, welche Temperaturen und wie viel Niederschlag wir in den nächsten Monaten haben werden. Denn Zecken mögen es weder heiß noch trocken. So schreibt die Helmholtz-Klima-Initiative in ihrem Factsheet zu "Klimawandel und Zecken": "Der Klimawandel bringt häufigere Dürrezeiten und Hitzewellen. Das könnte auch zum Rückgang der Zecken-Population in manchen Gegenden führen."

Am aktivsten sind Zecken bei Temperaturen im Bereich zwischen 15 und 25 Grad, sagte Ulrich Matthes, Leiter des rheinland-pfälzischen Kompetenzzentrums für Klimawandelfolgen, dem SWR.

Zeckensaison: So schützt man sich WDR 5 Morgenecho - Interview 29.02.2024 06:05 Min. Verfügbar bis 28.02.2025 WDR 5

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Was ist ein FSME-Risikogebiet?

Ein FSME-Risikogebiet ist eine Region, in der mindestens eine Infektion pro 100.000 Einwohner nachgewiesen wird. Wenn dieser Wert überschritten wird, gilt der Kreis mindestens 20 Jahre lang als "Risikogebiet".

Wo gibt es 2024 neue FSME-Risikogebiete?

2024 kommen zwei neue FSME-Risikgebiete zu den bestehenden dazu: in Thüringen der Landkreis Altenburger Land und in Brandenburg der Stadtkreis Frankfurt (Oder).

Ein Infektionsrisiko besteht laut RKI vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, dort werden etwa 85 Prozent aller FSME-Fälle erfasst. Aber auch ein Kreis in NRW ist seit 2021 auf der Karte: Solingen. Ein weiteres Risikogebiet grenzt im Norden an NRW an: der Landkreis Emsland in Niedersachen. Vor Zecken schützen sollte man sich aber überall - auch wegen der Gefahr vor Borreliose, die überall droht.

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Was ist FSME?

Die Abkürzung FSME steht für Frühsommer-Meningoenzephalitis. Ausgelöst wird sie durch Viren, die durch Zeckenstiche übertragen werden können. Nicht jede Zecke ist Träger. In den FSME-Risikogebieten tragen laut RKI zwischen 0,1 und 5 Prozent der Zecken FSME-Viren mit sich. Zudem verläuft die Krankheit bei 70 bis 95 Prozent der Infizierten asymptomatisch, sie klagen vor allem über Kopfschmerzen. Trotzdem sollte man FSME ernst nehmen.

Zu den Symptomen einer FSME-Infektion gehören grippeähnliche Beschwerden wie Kopfschmerzen und Fieber. In einer zweiten Phase können sich neurologische Beschwerden einstellen und es kann beispielsweise zu einer Hirnhautentzündung kommen. Manchmal treten auch Jahre nach einer Infektion Spätfolgen auf - etwa Konzentrationsschwierigkeiten oder Probleme mit der Balance oder beim Gehen. Für etwa ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich.

Wie viele FSME-Infektionen sind in Deutschland bekannt?

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Fälle in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts von 627 Fällen im Jahr zuvor auf 527 Fälle gesunken. Die Zahlen schwanken im Jahresvergleich stark. Manche Menschen infizieren sich, ohne es zu merken. Daher gehen Experten auch von einer Dunkeziffer aus. Gerhard Dobler vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München hat Blutproben von Blutspendenden untersucht. Mit einem neuen Testverfahren kann er zwischen Antikörpern aus einer Impfung und aus einer Infektion unterscheiden. Das Ergebnis hat ihn überrascht: "Wenn man die nicht erkannten Infektionen einbezieht, ist das Risiko einer FSME-Infektion in dem Kreis um ein siebenfaches höher als bisher angenommen", wird Dobler in einer Pressemitteilung zum Zeckenkongress zitiert.

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Was ist mit FSME in anderen Ländern Europas?

Das Risiko für FSME verlagert sich zunehmend nach Norden - das liegt auch an der Klimakrise. Die Helmholtz-Klima-Initiative erklärt dazu in ihrem Faktsheet "Klimawandel und Zecken": "In Teilen von Südeuropa verschlechtern sich die Bedingungen für Zecken. Dort könnte die Anzahl der Fälle an Borreliose abnehmen." Allerdings seien Zecken in der Lage, sich an veränderte klimatische Bedingungen anzupassen. Die Karte zeigt die Verbreitung von Zecken, die FSME übertragen können, in Europa:

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Was bringt eine FSME-Impfung?

Eine FSME-Impfung schützt Menschen, die sich in Risikogebieten in Gärten, Parks oder Wäldern aufhalten. Die Impfung wird auch von der ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen. Die Impfstoffe sind laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung allgemein gut verträglich. Vor allem bei jüngeren Kindern würden jedoch häufig fiebrige Reaktionen beobachtet. Laut STIKO sind In der Regel drei Impfungen notwendig, um einen vollen Impfschutz zu erreichen. Zwei bis zwölf Wochen nach einer ersten Impfung folgt eine zweite.Die dritte Impfung erfolgt fünf bis zwölf Monate nach der zweiten Impfung. Dieser Impfschutz hält dann mindestens drei Jahre.

Was ist Borreliose?

Borreliose ist eine bakterielle Infektion. Auch sie wird durch Zecken übertragen. Anders als FSME ist eine diagnostizierte Borrelien-Infektion aber nicht meldepflichtig. Die sogenannte Lyme-Borreliose ist laut RKI aber wesentlich häufiger und kommt deutschlandweit vor. Mehrere Hunderttausend Fälle gibt es jährlich. Die meisten Borreliose-Infektionen verlaufen ohne Symptome. Ein erstes Symptom ist oft eine größer werdende Rötung um die Einstichstelle herum. Borreliose ist mit einer zweiwöchigen Antibiotika-Gabe im frühen Stadium gut behandelbar. Wird der Erreger im Frühstadium nicht behandelt, kann er sich auf andere Gewebe und Organe ausbreiten und irreparable Langzeitschäden verursachen - etwa an Nervensystem, Gelenken, Herz oder Haut. Manchmal macht sich das erst Monate oder sogar Jahre nach dem Zeckenstich bemerkbar.

Wo lauern Zecken?

Anders als oft angenommen lassen sich die achtbeinigen Spinnentiere nicht von Bäumen fallen, auch springen können sie nicht. Sie sitzen vielmehr auf Grashalmen, im Gebüsch oder auf Totholz. Kommt ein Tier oder ein Mensch vorbei, werden sie bei Kontakt abgestreift und halten sich fest. Die meisten Zecken warten laut RKI in einer Höhe von weniger als einem Meter, häufig sogar nur zwischen 10 und 50 Zentimeter über dem Boden.

Kleidung und Co: Wie schütze ich mich vor Zecken?

  • Bei Spaziergängen möglichst auf festen Wegen bleiben
  • Kontakt zu Unterholz, hohem Gras und bodennahen Pflanzen meiden
  • Feste Schuhe anziehen
  • Helle Kleidung tragen, die den Körper weitestgehend bedeckt - hell, weil man die Zecken darauf besser sieht
  • Nach dem Aufenthalt im Freien sorgfältig auf Zecken prüfen

Wo verstecken sich Zecken am Körper?

Zecken setzen sich besonders gern in die weichere Haut von Arm- und Kniebeugen, unter Achseln, am Haaransatz oder im Genitalbereich. Während die FSME verursachenden Viren im Stechapparat sitzen, befinden sich Borrelien im Magen der Tiere - übertragen werden sie darum anders als die Viren erst nach einigen Stunden Saugzeit.

Warum ist es wichtig, eine Zecke schnell zu entfernen?

Wird eine Zecke innerhalb der ersten zwölf Stunden nach dem Andocken entfernt, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich geringer, dass sie Borrelien auf den Menschen überträgt. Das sagt das RKI.

Wie entfernt man eine Zecke?

Vor verschiedenen Zecken-Entfernungswerkzeugen sitzt eine Zecke. | Bildquelle: mauritius images

Beim Entfernen einer Zecke helfen eine Pinzette oder Spezialwerkzeug wie eine Zeckenzange oder eine Zeckenkarte. Wichtig: Das ganze Tier muss entfernt werden. Das geht so:

  • Die Zecke so nah wie möglich am Kopf greifen, ohne das Hinterteil zu quetschen
  • Die Zecke langsam und gleichmäßig herausziehen
  • Die Zecke nicht mit Öl oder Nagellack beträufeln
  • Die Einstichstelle desinfizieren
  • Im Zweifel oder bei Symptomen einen Arzt aufsuchen

Stimmt es, dass Zecken eine Fleischallergie auslösen können?

Insbesondere in den USA bekommen offenbar immer mehr Menschen eine Allergie gegen rotes Fleisch. Auslöser sollen Zeckenbisse sein. Auch in Deutschland gibt es dokumentierte Fälle. Eine Therapie gibt es nicht.

Mehr Informationen dazu gibt es hier:

Unsere Quellen:

  • Pressemitteilung zum Zeckenkongress der Universität Hohenheim
  • Tierärztliche Hochschule Hannover - "Keine Winterpause für Zecken in Deutschland"
  • Robert Koch-Instituts (RKI)
  • Helmholtz-Klima-Initiative - Factsheet "Klimawandel und Zecken":
  • Broschüre des Bundesumweltministeriums - "Den Klimawandel meistern"
  • Informationen der BZgA
  • Schutzgemeinschaft Deutscher Wald - SDW
  • Nachrichtenagenturen DPA und AFP

Über dieses Thema berichteten wir im WDR am 29.02.2024 auch im Hörfunk: WDR 5 Morgenecho.