EZB erhöht Leitzins: Was das für Sparer, Inflation und strauchelnde Banken bedeutet

Stand: 17.03.2023, 14:47 Uhr

Erst geht in den USA eine Bank pleite. Dann strauchelt auch die wichtige Credit Suisse. Trotzdem erhöht die EZB jetzt den Leitzins. Was das für unser Portemonnaie und Sparkonto bedeutet.

Von Jörn Seidel

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag den Leitzins erhöht. Das ist gut im Kampf gegen die hohe Inflation, aber schlecht für manche Bank. Gerade erst ging in den USA die Silicon Valley Bank pleite, kurz danach stürzte auch der Aktienkurs der systemrelevanten Credit Suisse ein. Droht eine neue Finanzkrise? Wie gut sind Spareinlagen geschützt? Und warum sinkt die Inflation nicht schneller? Fragen und Antworten.

Was bringt uns die erneute Leitzins-Erhöhung der EZB?

Ob bei Lebensmitteln oder Energiekosten - überall sind die Preise hoch. Die Inflation macht vielen Menschen zu schaffen, einigen sogar schwer.

Um die Preise wieder zu stabilisieren, zieht die Europäische Zentralbank nun nach und nach den Leitzins an. Dadurch müssen Banken mehr bezahlen, wenn sie sich bei den Zentralbanken Geld leihen.

Die Folge: Die Banken fordern auch von ihren Kundinnen und Kunden höhere Zinsen für neue Kredite - sowohl von Unternehmen als auch von Privatleuten. Denn die Kreditinstitute wollen und müssen Geld verdienen.

Das wiederum führt dazu, dass weniger gekauft wird. Die Wirtschaft wird also gebremst. Die Nachfrage sinkt - und damit sinken auch die Preise.

Übrigens: Infolge einer Leitzins-Erhöhung steigen auch die Zinsen für Spar- und Girokonten. Ein weiterer Anreiz, weniger Geld auszugeben und stattdessen zu sparen. Auch dadurch sinkt die Nachfrage - und somit die Inflationsrate.

Warum kann die EZB den Leitzins nicht schneller erhöhen?

Steigt der Leitzins zu schnell an, birgt das große Gefahren. Denn zum einen würde das die Wirtschaft zu sehr ausbremsen. Zum anderen würde das das Risiko für Bankenpleiten steigern. Denn die haben mit ihren Kunden noch häufig lange Kredite zu niedrigen Zinsen laufen, an denen sie also nur wenig verdienen. Gleichzeitig müssen sie aber für neue Kredite mehr bezahlen.

"Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera." Ulrich Ueckerseifer, WDR-Wirtschaftsredakteur
Ulrich Ueckerseifer, WDR-Wirtschaftsredakteur | Bildquelle: WDR/Linda Meiers

Die EZB ist also in einer schwierigen Situation. Sie könne "im Moment nicht mehr viel machen", sagt WDR-Wirtschaftsredakteur Ulrich Ueckerseifer. Auf der einen Seite müsse sie die Zinsen erhöhen im Kampf gegen die Inflation. Auf der anderen Seite steige damit das Risiko weiterer Bankenpleiten - oder zumindest weiterer Schieflagen. Zugespitzt gesagt: Für die EZB sei es "die Wahl zwischen Pest und Cholera".

Sogar eine erneute große Finanzkrise sei nicht auszuschließen, meint Ueckerseifer. Die Gefahr stehe bei etwa 50 Prozent, schätzt er.

Grundsätzlich aber stehe der deutsche Bankensektor derzeit "ganz gut da" und sei "relativ gut gerüstet", sagte Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Geld-Ratgebers "Finanztip", am Donnerstag dem WDR.

Sind Ersparnisse bei Bankenpleiten abgesichert?

In Deutschland sind im Fall einer Bankenpleite pro Kunde Spareinlagen bis zu 100.000 Euro gesetzlich geschützt. Darüber hinaus sichern allerdings fast alle Kreditinstitute hierzulande Kundengelder freiwillig ab - in der Regel weit über das gesetzliche Maß hinaus.

Für private Banken greift beispielsweise der Einlagensicherungsfonds des Bundesverband deutscher Banken. Nach dessen Angaben sind derzeit in der Regel je Kunde mindestens 750.000 Euro Einlage pro Bank geschützt. Bei vielen Instituten liegen die Sicherungsgrenzen noch höher. Vergleichbare Regelungen gibt es bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Viele Sparerinnen und Sparer sind also erst mal geschützt. Bankenpleiten können sich aber auch zu einer Finanzkrise ausdehnen und eine solche zu einer Wirtschaftskrise mit Unternehmenspleiten und Jobabbau. Die Entwicklungen in der Finanzwelt können also auch diesmal große Auswirkungen auf das eigene Portemonnaie haben.

Über dieses Thema berichteten am 16.03.2023 auch "Das Wirtschaftsmagazin" bei WDR5 und die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen.