Alina und Olga (Namen geändert) wohnen mittlerweile in einem Ein-Zimmer-Apartment in Bielefeld, lernen Deutsch und sie suchen einen regulären Job. Was sie bis jetzt erlebt haben, hat sie erschreckt. Sie waren zu Kriegsbeginn nach Frankreich geflohen, lasen da aber im Internet, in Bielefeld gebe es Jobs.
300 Euro Vermittlungsgebühr
Im Oktober kamen sie her. Eine private Arbeitsvermittlerin, ihr sollten sie 300 Euro für ihre Dienste zahlen, legte ihnen den Vertrag einer Hamburger Logistik-Firma vor. Darin stand, dass beide in Hamburg wohnen würden. Dabei wurden sie in Bielefeld gemeldet. Dort aber wohnten sie auch nicht, sondern mit 13 Ukrainern in einem Haus in Gütersloh: "Drei pro Zimmer. Jeder sollte 400 Euro Monatsmiete zahlen."
Erstes Gehalt im Umschlag – Mit Abzug für Miete und Arbeitsschuhe
Per Handy erhielten sie abends eine Nachricht, wann ihre Arbeit am nächsten Tag beginnen würde. Und zwar bei der Logistikfirma "B+S" in Bielefeld. Mal mussten sie um zwei Uhr da sein, mal um sechs Uhr. "Wir mussten teilweise 12 Stunden durcharbeiten. Mit Arbeitsschutzschuhen, die zwei Nummern zu groß waren."
Das erste Gehalt steckte in einem Umschlag: 232 Euro für 54 Arbeitsstunden. Miete und die Kosten für die Arbeitsschuhe seien abgezogen worden. Im November kündigten die Frauen. Das restliche Gehalt fehle noch, sagen sie.
Logistikfirma sagt, sie halte Gesetze ein
Die "B+S GmbH Logistik und Dienstleistungen" bestätigt, dass ukrainische Geflüchtete über Werkverträge dort tätig seien. Man kontrolliere aber die Subunternehmen zweimal im Jahr, auch Arbeitsunterlagen. Beschwerden seien nicht bekannt: "Als Unternehmen sind wir uns der Verantwortung für die eingesetzten Mitarbeiter bewusst. Daher ist es uns wichtig, dass die geltenden Gesetze, Regeln und Standards eingehalten werden. Dies gilt auch für unsere Partner, Dienstleister und Nachunternehmer."
Flüchtlingshelfer: Unwissenheit wird ausgenutzt
Alina und Olga wandten sich an die Organisation "Geflüchtete willkommen in Bielefeld". Michael Gugat ging mit ihnen zum Jobcenter und suchte eine Wohnung: "Die beiden waren nicht informiert, was für Sozialleistungen es für ukrainische Geflüchtete gibt. Die waren der Auffassung, sie müssen zwingend arbeiten." Gugat spricht von Ausnutzung.
Das sei nicht selten, weiß Szabolcs Sepsi von der DGB-Beratungsstelle "Faire Mobilität", die Migranten berät. Die Arbeitsbedingungen der Frauen seien "selbst für die Logistikbranche extrem ausbeuterisch und missbräuchlich". Die Unterbringung sei "überteuert" gewesen, die Lohnabzüge "überhöht“. Sepsi empfiehlt in solchen Fällen, gegen die Firmen zu klagen.