Vom harten Kerl zum Naturschützer

Stand: 17.08.2022, 07:49 Uhr

Max Cameo blickt auf eine sehr bewegte Vergangenheit zurück. Mehr als zwei Jahrzehnte ist er Teil einer dubiosen Scheinwelt. Drogen, das Rotlichtmilieu und Gewalt bestimmten teilweise sein Leben.

Von Elisabeth Konstantinidis

WDR: Max, dein Leben glich einer Achterbahn. Wie ist es dazu gekommen?

Max Cameo: Wir sind aus meiner behüteten Kindheit weggezogen, als ich in der ersten Klasse war. Vorher war mein Leben eigentlich normal. Wir haben sehr naturnah gewohnt, alles war in Ordnung, alles war behütet. Der Wegzug hat jedoch einen Bruch in mir ausgelöst.

Auf der Suche nach Halt und Anerkennung habe ich die falschen Leute kennengelernt, habe Sachen gemacht, um wieder eine Heimat zu finden. Es war ein Teufelskreis. Mit elf Jahren kam ich dann erstmals mit Drogen in Berührung. Ab dem Moment wurde es immer schlimmer.

WDR: Wie würdest Du dein früheres Leben beschreiben?

Cameo: Mein Leben früher war orientierungslos. Ich bin in meinem Leben immer davon ausgegangen, dass ich irgendetwas tun muss, um irgendwer oder irgendwas zu sein und irgendwas darzustellen, um besser zu sein.

Doch das war eine große Lüge. Das weiß ich heute. Heute lebe ich bewusster. Ich weiß, was ich will, was mir guttut und das ich keinem mehr etwas beweisen muss. Gewalt und Drogen spielen keine Rolle mehr. Ich habe aus der Vergangenheit gelernt.

Max Cameo: Tattookünstler und Waldbesitzer aus Altena

Bereits mit 11 Jahren gerät Max Cameo auf die schiefe Bahn, sucht nach Halt und Anerkennung. Doch die Depressionen, die Leere werden immer größer. Heute lebt er in Altena und ist Besitzer eines Tattoo-Studios.

Vor zwei Jahren kaufte er mit Spendengeldern ein Stück Wald rund um Altena, das er nun mit Freunden aufforstet. Vor Kurzem hat er sich zudem zum Survival- und Outdoor Coach ausbilden lassen. Seine Lebensgeschichte verarbeitet er in seinem eigenen Podcast - "Vonne Straße innen Wald".

WDR: Was war der ausschlaggebende Moment ? 

Cameo: Das Gefühl von Trauer, von Traurigkeit, von mangelnder Liebe mir selbst und auch anderen gegenüber wurde immer größer. Damals war das ein Gefühl, was ich absolut unterdrücken wollte und was ich immer versucht habe, mit Hochgefühlen oder zumindest irgendwelchen extremen Gefühlsregung von anderen dann auszufüllen. 

Die Natur war meine Rettung! Max Cameo

Doch irgendwann ging es nicht mehr weg. Ich fiel in eine tiefe Depression, wusste ich muss mein Leben ändern, sonst würde ich untergehen. In diesen Momenten suchte ich Zuflucht in der Natur. Heute weiß ich, die Natur war meine Rettung.

WDR: Was hat die Natur mit dir gemacht? 

Cameo: Es ist schwer zu beschreiben, aber die Natur hat mich so angenommen, wie ich in dem Moment war. Ich konnte durchatmen, wurde nicht bewertet, konnte meinen inneren Frieden finden. Es war ein Gefühl von Ankommen. Ich habe angefangen, immer mehr Zeit in der Natur zu verbringen. Es war für mich wie ein Neuanfang. Raus aus dem Dreck meiner Vergangenheit, rein in ein geordnetes und vor allem lebenswertes Leben.

WDR: Vor zwei Jahren hast Du sogar ein Stück Wald rund um Altena gekauft. Deine ganz persönliche Kraftquelle?

Cameo: Mehr noch. Es ist ein Ort, der nicht nur mir Kraft gibt. Ich möchte meine positiven Erfahrungen mit anderen Menschen teilen. Dafür habe ich vor Kurzem eine Ausbildung zum Survival- und Outdoor Coach absolviert. Eine Herzensangelegenheit. Denn ich wollte meine persönlichen Erfahrungen mit fundiertem Wissen verknüpfen. 

In meinen Kursen versuche ich den Teilnehmern eine klare Sicht auf das Leben zu ermöglichen, ihnen die Natur näher zu bringen und sie durch meine persönlichen Erfahrungen wachzurütteln. Ich bin mir sicher, wenn der respektvolle Umgang mit der Natur mich verändert hat, dann haben auch andere Menschen die Möglichkeit dazu. 

WDR: Wie sieht heute dein Leben aus ? 

Cameo: Ich habe mir in den vergangenen Jahren ein stabiles Gerüst aufgebaut. Im Vordergrund steht nicht mehr die Notwendigkeit, überall mitzumischen oder anderen etwas zu beweisen. Ich mache nur noch das, was mir guttut.

Dazu zählt mein eigener Tattooladen in Altena, wo ich drei Tage die Woche arbeite und vor allem mein Stück Wald, mein persönlicher Kraftort. Mein Leben hat Stabilität, etwas, was ich ohne die Kraft der Natur nicht hätte. Das weiß ich heute.

Das Interview führte Elisabeth Konstantinidis.