Der Jugendliche saß in Herford in Untersuchungshaft und wartete dort auf seinen Prozess. Am Mittwochvormittag fanden JVA-Mitarbeiter den leblosen 17-Jährigen in seiner Einzelzelle. Alles deutet auf Suizid hin, bestätigte die JVA Herford. Hier war der Jugendliche wegen des Verdachts des Totschlags untergebracht. Ein Notarzt konnte nur noch den Tod des 17-Jährigen feststellen.
Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt
Die Kriminalpolizei war am Mittwoch für Ermittlungen vor Ort. "Wir führen ein Todesermittlungsverfahren durch", teilte der Bielefelder Staatsanwalt Philipp Kalbertodt mit. Dies sei in solchen Fällen üblich. "Der Leichnam wird am kommenden Freitag obduziert."
NRW-Justizminister will Fall prüfen
Jeder Suizid werde rückblickend nochmal untersucht, sagte NRW-Justizminister Limbach (Bündnis 90/Die Grünen). "Wir müssen gucken, ob wir irgendetwas übersehen haben, ob wir alles gemacht haben, um diesen Jugendlichen zu schützen." Kein Jugendlicher solle sich in der Haft selbst töten – so das von Limbach formulierte Ziel.
Zuständige Stellen sahen keine Suizidgefährdung
Wer als junger Mensch in Untersuchungshaft komme, werde genau auf eine mögliche Suizidgefährdung untersucht, sagte Limbach außerdem. "Zu dem Zeitpunkt, an dem der junge Mann in der Haft gestorben ist, war von den zuständigen Stellen nach unseren Erkenntnissen eine Suizidgefährdung ausgeschlossen."
Jugendlicher hatte schulische Probleme
Der Jugendliche saß in U-Haft, weil er im Januar eine Berufsschullehrerin in ihrer Schule erstochen haben soll. Zuvor hatte er von der Schule einen Verweis erhalten. Angeblich gab es schulische und disziplinarische Probleme. Er hatte damals selbst die Polizei angerufen.
U-Haft-Gefangene suizidgefährdet
Besonders hoch ist die Suizidgefahr laut einer bundesweiten Erhebung der Kriminologischen Dienste für Untersuchungsgefangene. In den Haftanstalten gibt es Vorkehrungen, um das zu verhindern. "Vor allem bei Erstinhaftierten schaut man genau hin, da sie besonders sensibel sind", sagt Ulrich Biermann, der NRW-Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands. "Zu 100 Prozent verhindern kann man das nicht. Wer sich umbringen will, schafft das auch."
Der 17-Jährige soll Anfang des Jahres in Ibbenbüren seine Klassenlehrerin in einem Klassenzimmer aufgesucht haben, in dem sie allein war. Dort soll er die 55-Jährige mit einem Messer angegriffen haben. Sie starb an ihren Stichverletzungen.
Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe
Wer sich mit Suizidgedanken trägt, empfindet seine persönliche Lebenssituation als ausweglos. Doch es gibt eine Fülle an Angeboten zur Hilfe und Selbsthilfe, auch anonym.
Telefonseelsorge
Die Telefonseelsorge ist unter den Rufnummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 sowie 116 123 rund um die Uhr erreichbar. Sie berät kostenfrei und in jeder Hinsicht anonym. Der Anruf hier findet sich weder auf Ihrer Telefonrechnung noch im Einzelverbindungsnachweis wieder.
Menschen muslimischen Glaubens können sich an das muslimische Seelsorgetelefon wenden. Es ist ebenfalls kostenfrei und anonym 24 Stunden am Tag unter der Rufnummer 030/44 35 09 821 zu erreichen.
Chat der Telefonseelsorge
Die Telefonseelsorge bietet Betroffenen auch die Möglichkeit an, sich Hilfe per Chat zu holen. Dazu meldet man sich auf deren Webseite an.
E-Mail-Beratung der Telefonseelsorge
Menschen mit Suizidgedanken können sich auch an die E-Mail-Beratung der Telefonseelsorge wenden. Der E-Mail-Verkehr läuft über die Webseite der Telefonseelsorge und ist deshalb nicht in Ihren digitalen Postfächern zu finden.
Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt
Das Hilfetelefon ist anonym, kostenfrei und rund um die Uhr unter 08000 116 016 erreichbar.
Der Weiße Ring bietet ebenfalls einen anonymen Telefondienst unter 116 006 sowie eine Online-Beratung.
Überblick auf Hilfsangebote
Darüber hinaus hat die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) zahlreiche Informationen zu Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und sozialpsychiatrischen Diensten aufgelistet, an die sich Suizidgefährdete und Angehörige wenden können, um Hilfe zu erhalten. Entsprechende Informationen finden Sie unter nachfolgendem Link.
Über dieses Thema haben wir am 26.04.2023 im WDR Fernsehen: Lokalzeit OWL und im WDR Hörfunk in der Lokalzeit auf WDR2 berichtet.