Love Scamming: Der Betrug mit der großen Liebe

Stand: 22.08.2024, 08:02 Uhr

"Love Scamming" oder auch "Romance Scamming" ist die moderne Form des Heiratsschwindels. Betrüger erstellen auf Social Media- oder Dating-Portalen gefälschte Profile und spielen ihrem Gegenüber die große Liebe vor. Am Ende verfolgen sie nur ein einziges Ziel: Sie wollen das Geld ihrer Opfer.

Von Elli Konstantinidis

Auch eine Frau aus dem Kreis Olpe ist Opfer eines Love Scammers geworden. Sie ist Mitte 50, zu ihrem Schutz nennen wir sie Lisa. Fünf Jahre lang hielt der Betrüger Kontakt zu ihr, nutzte sie und ihr Vertrauen aus. Am Ende hat er ca. 200.000 Euro ergaunert. Anfang des Jahres hat Lisa endlich den Mut und geht zur Polizei. Sie zeigt den Betrüger an. 

Im Interview erzählt sie uns ihre Geschichte. Um abzuschließen, aber auch um andere zu warnen - denn alles fing so harmlos an. 

WDR: Wie haben Sie den Mann kennengelernt? 

Lisa: Der erste Kontakt war auf Facebook. Da hat mich jemand angeschrieben, der sich Thomas Davis nannte und ich habe freundlich zurückgeschrieben. Er hat erzählt, er ist in Boston geboren, lebt jetzt in Los Angeles, ist aber Soldat in Libyen. Er ist Witwer und hat eine Tochter und einen Hund. 

WDR: Wie ging es dann weiter? 

Lisa: Wir haben tagelang über Facebook geschrieben. Es waren schöne Nachrichten. Er hat Interesse an mir und meinem Leben gezeigt, jedoch auch viel über sich erzählt. Unter anderem auch, wie gefährlich seine Arbeit ist und dass Leute gestorben sind und er beinahe auch gestorben wäre.

WDR: Wann kam die erste Geldforderung? 

WDR-Reporterin Elli Konstantinidis (l.) im Gespräch mit Lisa. | Bildquelle: WDR

Lisa: Relativ schnell. Er meinte, er könne, da er in Gefangenschaft wäre, nicht an sein Konto dran. Er brauchte aber Geld für Lebensmittel, Geld für Medizin, es ging aber auch um die Sicherheit seiner Mithäftlinge, um sie rauszukriegen.

"Es gab immer mal wieder Zweifel"

WDR: Wie viel Geld haben Sie am Ende diesem Mann in den fünf Jahren überwiesen? 

Lisa: Ich kann es nicht konkret sagen, aber es müssen ungefähr 200.000 Euro gewesen sein. 

WDR: Hatten Sie jemals Zweifel daran, dass der Mann ein Betrüger sein könnte?

Lisa: Ja, es gab immer mal wieder Zweifel. Doch in genau diesen Momenten kamen entweder Mails von Behörden, die seine Echtheit bestätigten oder auch ein großer Blumenstrauß wurde mir geliefert. Heute weiß ich natürlich, das war Teil des Betrugs.  

WDR: Anfang des Jahres haben Sie dann doch den Weg zur Polizei gewagt. 

Lisa: Ja, ich war total verunsichert. Ich musste zur Polizei um mir endlich zu 100% klar zu sein, ob das Betrug ist oder nicht. Als die Polizei mir relativ schnell gesagt hat, dass der Mann nicht in der Ukraine sitzt, wie er mir vorgemacht hat, sondern dass die Bande von Nigeria aus operiert und es wahrscheinlich mehrere sind, war es auf der einen Seite auch eine Erleichterung - jetzt ist es raus. Jetzt ist es klar. Jetzt hört es auf.

WDR: Wie geht es Ihnen heute? Können Sie die Gefühle beschreiben? 

Lisa: Traurigkeit, Unverständnis warum man so blöd sein konnte aber auch irgendwie Erleichterung, weil man jetzt nicht mehr den Druck hat, Geld auftreiben zu müssen.

WDR: Was wünschen Sie sich für die Zukunft? 

Lisa: Ich wünsche mir, dass ich vorsichtiger bin, aber gleichzeitig das Vertrauen in die Menschheit nicht verliere. Das Vertrauen, fremde Leute kennen zu lernen und die dann in meinem Leben zu akzeptieren. Und ihnen zu vertrauen.

Einschätzung der Polizei im Hochsauerlandkreis

Konkrete Zahlen zu "Love Scamming" Fällen zu erhalten ist nicht so einfach. "Love Scamming" ist eine Form des Straftatbestands "Betrug". Diese spezielle Betrugsart wird nicht separat statistisch erfasst. Zudem schämen sich viele Opfer, sich vor anderen oder vor der Polizei zu offenbaren.

Viele wollen dieses Kapitel einfach abschließen und das Ganze vergessen. In der Regel finden erste Anbahnungsversuche über die sozialen Medien, z.B. über Facebook oder Instagram statt. Der Betrüger/die Betrügerin versucht das Vertrauen und die amuröse Nähe des Opfers zu erhalten.

Die Nachrichten sind z.B. erotisch oder auch sehr verständnisvoll aufgebaut. Mit dem Versprechen einer gemeinsamen Zukunft wird dem Opfer die Vision einer erotischen/harmonischen Partnerschaft angeboten, wobei es dann immer wieder Probleme gibt, bei dem das Opfer helfen soll.

Entweder geraten angeblich, nahe Verwandte, z.B. der auf der Bohrinsel arbeitende Vater durch einen Arbeitsunfall in eine finanzielle Notlage oder die angeblich, unmittelbar bevorstehende Zusammenkunft/Besuch in Gefahr. Z.B. fällt ein Flug aus und der neue Flug kostet mehr Geld.

Der Zoll benötigt Geld, da etwas noch versteuert werden muss, eine plötzliche Krankheit und dringend benötigte Medikamente müssen besorgt werden, usw. Der finanzielle Schaden auf der einen Seite aber auch die emotionale Seite des Opfers ist nicht zu vernachlässigen. Dies kann von tiefer Trauer, Enttäuschung bis hin zu Depressionen und Suizid (z.B. aus Scham) gehen.

Das Interview führte Elisabeth Konstantinidis.

Lisa

Um Lisa und ihr Privatleben zu schützen, haben wir ihren Namen für das Interview geändert. Die 55-Jährige wohnt im Kreis Olpe. Mit dem Schritt in die Öffentlichkeit will sie endlich mit ihren Erlebnissen abschließen.

Unsere Quellen:

  • Gespräch mit der Betroffenen
  • Polizei Hochsauerlandkreis

Über dieses Thema berichtet der WDR am 22.08.2024 in der Lokalzeit Südwestfalen im WDR Fernsehen.