Münster im Ausnahmezustand: Am frühen Dienstagmorgen kreiste ein Polizeihubschrauber am Himmel über der Stadt. Hunderte Polizisten waren auf den Straßen in der Altstadt unterwegs und sorgten für Sicherheit. Der Platz vor dem Rathaus wurde abgesperrt, es galt die höchste Sicherheitsstufe.
Ein Fest für Autogrammjäger
Sabine Müller hatte sich hinter den Absperrgittern am Rathaus einen guten Platz gesichert. Hier standen am Vormittag etwa 500 Menschen und warteten auf die Staatsgäste. Müller war eigens aus Arnsberg angereist. Sie hoffte auf ein Autogramm von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Ein Autogramm von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte die Arnsbergerin schon, und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kam nach der Ankunft in der Limousine auf sie zu und gab ihr ein Autogramm. Auf das Autogramm von Macron musste Sabine Müller verzichten.
Denn als Frankreichs Präsident zusammen mit seiner Frau Brigitte am Rathaus ankam, hatte er kaum Zeit. Das Ehepaar winkte den Menschen hinter den Absperrgittern zu und verschwand ins Rathaus. Dort warteten bereits die 340 geladenen Gäste, die Preisverleihung konnte mit einer Stunde Verspätung beginnen.
Laudatio von Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte Macron einen "Mutmacher". "Wo andere von Grenzen sprechen, redest Du von Horizonten", sagte Steinmeier in seiner Laudatio für den französischen Staatspräsidenten. Es waren sehr persönliche, sehr herzliche Worte, die Steinmeier für seinen Freund Emmanuel fand. Dabei war ein wichtiges Thema der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Folgen für Europa.
Dieser Krieg habe den europäischen Staaten vor Augen geführt, "dass wir wehrhafter werden müssen". Macron habe die Idee von strategischer Autonomie konsequent und mit Weitsicht vorangetrieben. Er sei stolz, dem französischen Staatspräsidenten den Preis des Westfälischen Friedens überreichen zu dürfen.
"Frieden bedeutet auch, Risiko einzugehen"
Macron freute sich über die Auszeichnung. "Einen Friedenspreis in einer Zeit des Krieges verliehen zu kommen, erschien mir wie ein Paradox", sagte Macron in seiner Dankesrede. "Frieden bedeutet auch, Risiko einzugehen", fügte er hinzu und bekräftigte seinen Aufruf zu einer stärkeren gemeinsamen europäischen Verteidigung.
Macron erinnerte daran, dass Deutschland viele Jahre nicht über Verteidigung nachdenken wollte. "Dieser Krieg hat uns wachgerüttelt", sagte der Präsident. "Wir müssen eine europäische Verteidigung aufbauen." Zum Schluss seiner Rede rief Macron den Gästen im Rathaus zu: "Es lebe Europa!"
Ursula von der Leyen eröffnete die Veranstaltung
In ihrer Eröffnungsrede hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Bedeutung des Westfälischen Friedens betont: Dieser Friede sei bis heute ein tragendes Fundament des internationalen Friedens. Deshalb sei der gestiftete Preis so bedeutend.
Putin habe den Krieg nach Europa zurückgebracht. „Wenn sein imperialistischer Krieg Erfolg hätte, wäre ganz Europa existenziell bedroht“, warnte Von der Leyen. Und auch sie betonte, wie wichtig ein starkes und wehrhaftes Europa ist.
Frank-Walter Steinmeier und Emmanuel Macron landeten gemeinsam.
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Deutsches-Polnisches Jugendwerk ebenfalls ausgezeichnet
Der Internationale Preis des Westfälischen Friedens wird alle zwei Jahre von der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe (WWL) für Verdienste um die europäische Integration vergeben. Er ist mit 100.000 Euro dotiert. Die Hälfte des Preisgeldes geht an das ebenfalls ausgezeichnete Deutsch-Polnische Jugendwerk. Macron kündigte an, sein Preisgeld dem Deutsch-Französischen Jugendwerk zur Verfügung zu stellen.
Public Viewing für die Bevölkerung
Zum Abschluss der Preisverleihung traten die Präsidenten Macron und Steinmeier in Begleitung ihrer Ehefrauen auf den Balkon des Rathauses. Hunderte Menschen verfolgten das Spektakel draußen beim Public Viewing. Friedensaktivisten hatten zu Demonstrationen unter anderem gegen die Ukraine-Politik Frankreichs aufgerufen. Daran beteiligten sich nach Polizeiangaben etwa 100 Menschen.
Nach dem Festakt im Rathaus fuhren Macron und Steinmeier in ein Nobelhotel am Stadtrand von Münster, um dort im engsten Kreis Mittag zu essen.
Der erste Preisträger: der Schriftsteller und ehemalige tschechische Staatspräsident Vaclav Havel. Gemeinsam mit der Jugendorganisation Gesto por la Paz erhielt er 1998 den Preis des Westfälischen Friedens.
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Quelle:
- Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen-Lippe (WWL)
- WDR-Reporterin vor Ort